- Globale Analyse von 35 Märkten zeigt, wie die E-Mobilität vor allem in Europa unter Druck geraten ist.
- In Deutschland, aber auch in Skandinavien gingen die BEV-Zulassungszahlen zurück.
- Positiver Trend beim Ausbau der Ladeinfrastruktur, mittlerweile über eine Million Ladepunkte in Europa verfügbar.
- Höchste europäische Ladepunktdichte im Verhältnis zu Fahrzeug- und Einwohnerzahl in Belgien und den Niederlanden.
- In Märkten mit BEV-Incentives steigt die Akzeptanz für die E-Mobilität, fehlen Subventionen verkaufen sich E-Autos deutlich schlechter
2023 war ein Erfolgsjahr für die E-Mobilität in Europa und vor allem in China. 2024 dagegen ein Jahr zum Vergessen, denn nicht nur in Deutschland erlahmte das Interesse an der E-Mobilität. Auch in Frankreich und sogar in Skandinavien (Ausnahme Norwegen) schnurrten die BEV-Zulassungszahlen zusammen. Benziner und Diesel legten moderat zu und Plug-in-Hybride gewannen teilweise sogar deutlich an Beliebtheit.
In China und selbst in den USA wächst das Interesse an der E-Mobilität
„In China waren 2024 immerhin 27,3 Prozent aller Neuzulassungen rein elektrisch unterwegs, im Jahr zuvor lag die Zahl bei 23,5 Prozent.“ erläutert Dr. Alexander Timmer, Partner und Managing Director bei Berylls by AlixPartners „E-Mobilität ist hier in der Breite der Bevölkerung angekommen.“
Davon waren die USA 2024 noch weit entfernt, denn nur knapp acht Prozent der Amerikaner entschieden sich für ein Auto mit Elektroantrieb. Mit 7,4 Prozent lag diese Zahl im Vorjahr aber sogar auf noch niedrigerem Niveau. Das leichte Wachstum ist auch darin begründet, dass sich die Ladeinfrastruktur in den USA stetig, wenn auch vergleichsweise langsam, weiterentwickelt.
In West- und Mitteleuropa wächst die Ladeinfrastruktur rasant, in Japan dagegen nur im Schwachstrommodus
Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur hat Europa mittlerweile einen, wenn nicht zwei Gänge hochgeschaltet. Besonders die Schnelllader erleben hier einen regelrechten Boom. Die Zahl der HPC-Charger hat sich in Deutschland seit 2022 von etwa 8000 Stück bis Ende 2024 auf rund 26.500 Lader mehr als verdreifacht. Aber selbst der schnelle Ausbau der Infrastruktur konnte das Interesse am E-Auto in Deutschland nicht befeuern.
In Norwegen und Dänemark ging die Ausbaugeschwindigkeit dagegen leicht zurück. Beide Länder haben mittlerweile allerdings ein stabiles Verhältnis aus E-Autos und Ladesäulen erreicht und damit eine hohe Akzeptanz für die E-Mobilität geschaffen. Die Niederlande sind auf einem sehr ähnlichen Weg, verdichteten 2024 vor allem das Schnellladenetz weiter.
Das Riesenreich China liegt mit etwa 3,5 Millionen Ladepunkten (Europa insgesamt gut eine Million Ladepunkte) allerdings weit vor allen anderen Märkten. Das Gros der Infrastruktur besteht hier aus Normalladern, Schnelllader sind hier eher selten anzutreffen.
Etwas überraschend ist die Entwicklung in Japan. Dazu Lukas Kirchhefer, Mobilitätsexperte bei Berylls by AlixPartners: “E-Mobilität kommt hier immer noch nicht wirklich in Fahrt, die einheimischen Hersteller bauen das entsprechende Modellangebot nur sehr langsam auf. Es verwundert daher nicht, dass auch die Infrastruktur nur moderat zulegt.” Es gilt die einfache Gleichung: Keine Ladeinfrastruktur – keine BEV-Verkäufe und umgekehrt.
Planungssicherheit für die Industrie, Verbraucher und Energieversorger sind unabdingbar für den Erfolg der E-Mobilität
Wie sich die E-Mobilität Jahr 2025 entwickeln wird, ist in vielen Märkten unklar. China stellt eine Ausnahme dar. Hier geht der Trend weiter weg vom reinen Verbrennungsmotor hin zu BEVs und EREVs, deren Beliebtheit anhaltend weiterwächst.
In den USA dreht sich der Wind dagegen rapide. Und Deutschland? „Hier fehlen Planungssicherheit für die Industrie, Verbraucher und Energieversorger,“ weiß Dennis Koschmieder, E-Mobilitäts-Experte bei Berylls by AlixPartners. „Im Sinne der Endkunden und der Industrie, sollten die Stromkosten sinken, um die Attraktivität der E-Mobilität zu verbessern.“
Dazu gehören auch Investitionen in eine eigene europäische/deutsche Batterieproduktion und die Sicherung von Rohstoffen, um unabhängiger von den aktuellen Lieferanten zu werden. Und aus Verbrauchersicht der weitere Ausbau der Ladeinfrastruktur, vor allem im Bereich der HPC-Schnelllader mit Leistungen >150 kW. Das Ziel muss ein Europaweites Schnellladenetz mit HPC-Stationen alle 50 km entlang der Hauptverkehrsachsen sein.
E-Auto-Förderung in Deutschland, ja oder nein - die Politik muss sich schnell entscheiden
Der kommende deutsche Verkehrsminister muss schnell handeln, muss klarstellen, ob die E-Mobilität wieder gefördert wird. Eine Hängepartie in diesem Punkt führt zu weiterer Zurückhaltung beim BEV-Neukauf.
Die Berylls by AlixPartners-Experten empfehlen die Förderung privater Ladepunkte, neue Kaufanreize und Steuervorteile mit Blick auf Privatkunden und den Leasingmarkt.
Denn Anreize der öffentlichen Hand haben sich als wichtiger Katalysator für die Akzeptanz von E-Fahrzeugen erwiesen, auch wenn ihr Einfluss von Region zu Region sehr unterschiedlich ist. In einigen Märkten hat die starke finanzielle Unterstützung zu einem bemerkenswerten Anstieg der Zulassungen geführt, während in anderen Regionen Anpassungen der Förderprogramme und strengere Förderkriterien den Fortschritt gebremst haben.
Incentives beschleunigen die Transformation zum BEV in allen Weltregionen. Gehen die Subventionen zurück, verringert sich auch das Interesse am BEV
So verzeichnete das Vereinigte Königreich von 2023 bis 2024 einen Anstieg der BEV-Zulassungen um drei Prozentpunkte. Dieses Wachstum spiegelt die positiven Auswirkungen gezielter staatlicher Initiativen und Anreize wider. Frankreich dagegen verzeichnete von 2023 bis 2024 keinen Zuwachs der BEV-Zulassungen, da eine Neukalibrierung der Anreizstrukturen - mit strengeren Zulassungskriterien und höheren Strafen für Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß - sowie eine Verschärfung der Marktbedingungen die Einführung von Elektrofahrzeugen bremste. Deutschland musste im Jahr 2024 einen Rückgang der BEV-Zulassungen um fünf Prozentpunkte hinnehmen, nachdem die Förderprämie entfallen ist. Auch Schweden befand sich 2024 gegenüber 2023 im Rückwärtsgang, hier erodierten die BEV-Zulassungen um vier Prozentpunkte. Eine Entwicklung, die die strategische Rekalibrierung der Anreizprogramme widerspiegelt. Keine Veränderungen zeigen die Zahlen dagegen 2024 in den USA, trotz eines dynamischen Mixes aus Steuergutschriften auf Bundesebene, Rabatten auf Bundesstaatsebene und neuen Anreizsystemen. In welche Richtung sich die US-BEV-Zulassungen 2025 entwickeln, ist völlig offen, nachdem die US-Regierung die Förderprogramme gestrichen hat.
Dr. Alexander Timmer: „Trotz der sich aller Wahrscheinlichkeit nach verzögernden Strafzahlungen bei Nichteinhaltung der Flottengrenzwerte, erwarten wir für 2025/2026 einen Nachfrageanstieg bei E-Fahrzeugen in Europa. Der BEV-Anteil sollte unserer Einschätzung nach in diesem Jahr auf 16 bis 18 Prozent steigen. Unsere Markteinblicke bestätigen diesen Trend: Im ersten Quartal 2025 erreichten BEVs bereits einen Neuzulassungsanteil von 17,1 Prozent (vs. 13,5 Prozent im Jahr 2024 und 18,4 Prozent in 2023).“
2025 scheint für die E-Mobilität, auch außerhalb Chinas, kein verlorenes Jahr zu werden. In Europa stehen die Chancen nicht schlecht für einen voraussichtlich moderaten Erfolg. Eine Vielzahl von eher günstigen E-Autos macht die Antriebswende endlich für breite Bevölkerungsschichten erreichbar. Die Maschen des Ladenetzes werden immer enger und nehmen so den E-Fahrern die Reichweitenangst. Passende nationale Fördermaßnahmen können den Erfolg zusätzlich beflügeln und das E-Auto endlich auch in Deutschland zum Erfolgsmodell machen.