- Berylls by AlixPartners stellt einen Masterplan Automotive für die europäische Industrie vor.
- Kein Abwarten mehr, die Industrie muss sich aktiv an der Setzung wichtiger Rahmenbedingungen beteiligen.
- Hohe Investitionen in Technologien und Kompetenzen sind unausweichlich, auch wenn sie vorerst zu Lasten des EBIT gehen.
- Evolutionäre Schritte führen nicht länger zum Ziel, die radikale Transformation und ein digitaler Umbruch sind die Mittel der Wahl.
- Im Fokus stehen die CTOs, sie müssen die technische Entwicklung ihrer Unternehmen auf ein neues Niveau heben.
- Gemeinsame Stärke entwickeln, durch unternehmensübergreifende Partnerschaften.
Neun Themenfelder umfasst der Aktionsplan, die die Industrie angehen muss, um zu alter Stärke zurückzufinden. Die Chancen sind da. Ein Beispiel, das positiv stimmt, ist die steigende Zahl der Patentanmeldungen durch die Industrie. Unter den Top 10 der anmeldestärksten Unternehmen fanden sich, laut Deutschem Patentamt, wie im Vorjahr auch im vergangenen Jahr ausschließlich Automobilhersteller und Zulieferer. Das Gros der Anmeldungen aus dem Jahr 2024 bezieht sich auf die Bereiche E-Mobilität und Infotainment.
Stabile Rahmenbedingungen sind das A & O
Heiko Weber, Partner und Managing Director bei Berylls by AlixPartners: „Für den Erfolg der Branche sind stabile Rahmenbedingungen das A & O. Nur mit ihnen lässt sich der Abwärtstrend aus unbeständigen politischen Entscheidungen und wirtschaftlichen Herausforderungen wieder in eine positive Richtung drehen. Damit die Automobilindustrie auf diesem Weg nicht weiter nur Passagier bleibt, muss sie bei der Gestaltung des Masterplan Automotive eine konstruktive, idealerweise sogar eine führende Rolle spielen.“ Es gilt, den Plan europaweit zu denken, wenn er zum Erfolg führen soll. Für die Umsetzung müssen die OEMs und die großen Zulieferer aktiv werden. Neben den nachvollziehbaren Forderungen an die Politik, die Energiekosten zu senken, sollten sie auch selbst für mehr Unabhängigkeit von hohen Energiepreisen sorgen, die einen gravierenden Nachteil im Wettbewerb mit der Konkurrenz aus den USA und China darstellen. Zudem raten die Experten von Berylls by AlixPartners, sich auf die Weiterentwicklung eines Pkw-Antriebs zu konzentrieren. Entwicklungsressourcen mit der Gießkanne auf eine Vielzahl von Antrieben zu verteilen, sei nicht mehr der richtige Weg. All-in in der E-Mobilität ist das Mittel der Wahl.
Zukunftstechnologien sollen Kauflust steigern
Auch der Vertrieb ist gefordert. Er muss die Nachfrage nach E-Autos steigern und den Handel entsprechend ausrichten. Je nach Marke kann der Direktvertrieb die richtige Lösung sein, die Konsolidierung der Strukturen erscheint aber in jedem Fall alternativlos. Wirtschaftlich gesunde Händler sind viel eher in der Lage den Übergang zur E-Mobilität im Sinne der Kunden zu gestalten.
Gelingen kann dies aber nur, wenn den Kunden Produkte angeboten werden, die bei ihnen auch einen Kaufreflex auslösen. „Zukunftstechnologien, wie KI, ausgefeilte Antriebssysteme, unterstützende Assistenzsysteme der nächsten Generation und hochwertige Hardware,“ erläutert Dennis Röhr, Partner und Managing Director bei Berylls by AlixPartners „müssen immer mit an Bord sein, damit die Kunden kaufen. Auch wenn sich ihre Entwicklungskosten nicht vollständig über den Verkaufspreis amortisieren lassen.“ Die jetzt aufzuwendenden Kosten sollten Hersteller und Shareholder als unabdingbare Investition in mehrere Generationen betrachten.
Entwicklungsabteilungen müssen grundlegend umgestaltet werden.
Um die Entwicklungskosten nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, sind die Entwicklungschefs gefordert. Sie müssen ihre Abteilungen radikal umgestalten, um deren Effizienz zu steigern. Berylls by AlixPartners geht von Potenzialen zwischen 30 und 40 Prozent aus, die es zu heben gilt, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Der volle Fokus auf das SDV (Software defined Vehicle) ist unabdingbar.
Mit der bestehenden Entwicklungsmannschaft wird sich dieses Ziel kaum zu erreichen sein. Umfangreiche Weiterbildungsprogramme zum Aufbau von Digital- und KI-Kompetenzen sind wichtige Verbesserungsmaßnahmen. Ohne externe Spitzenkräfte und eine gezielte Zusammenarbeit mit Hochschulen wird die Weiterbildung jedoch nicht den gewünschten Erfolg bringen. Die Vernetzung mit Start-ups und Forschungseinrichtungen ist ein weiterer wichtiger Baustein der Transformation.
Neue Partnerschaften können Entwicklungszyklen verkürzen
Die Experten von Berylls by AlixPartners raten außerdem zu einer neuen Gemeinsamkeit in der Industrie, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. So können die Stärken aller Glieder der Lieferkette besser genutzt werden. Um ein Gesamtoptimum zu erreichen, von dem letztlich auch der Kunde profitiert, muss eine kollaborative Zusammenarbeit angestrebt werden. Auch Entwicklungszyklen können durch Partnerschaften verkürzt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Masterplan ist die absolute Versorgungssicherheit mit Rohstoffen und Komponenten. „Hier sehe ich immer noch erheblichen Nachholbedarf in Deutschland,“ erläutert Timo Kronen, Partner und Managing Director bei Berylls by AlixPartners: „Die Industrie muss die Resilienz ihrer Lieferketten konsequent stärken und ein Region-for-Region Prinzip fördern. Stabilität und Sicherheit sollten als Entscheidungskriterien zukünftig bei der Auswahl von Lieferanten stärker berücksichtigt werden.“
Die Automobilindustrie in Deutschland und Europa sollte die Krise jetzt als Chance nutzen. Entscheidend wird es sein, die richtigen Fähigkeiten zu erhalten und auszubauen sowie Organisation und Prozesse entsprechend anzupassen. Dabei sind mutige Schritte erforderlich. Die in der jüngeren Vergangenheit zu zaghaft agierende Branche sollte schnellstmöglich vom Evolutions- in den Revolutionsmodus hochschalten.
Den Berylls by AlixPartners Masterplan Automotive finden Sie im Anhang.