Das geplante Gesetz war auch in der jüngsten Sitzung der IHK-Vollversammlung ein Thema. Ulrich Betzold, Geschäftsführer der Ellwanger Arnulf Betzold GmbH und IHK-Vizepräsident, lehnt das Gesetz ab. „Unsere Wirtschaft steht an einem Kipp-Punkt. Wenn das so kommt, ist eine Teilnahme meines Unternehmens an Vergaben des Bundes nicht mehr möglich, nicht wegen der Löhne, sondern wegen der Bürokratie. Wir müssten schon wieder neue Dokumentationspflichten zuhauf erfüllen und auch für andere Unternehmen unserer Lieferkette dokumentieren und haften“, erklärte Ulrich Betzold. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge beklagten bereits heute 68 Prozent der KMU eine Überregulierung im Vergaberecht.
Die IHK Ostwürttemberg kritisiert ebenso wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) die Ausführungen im Gesetzestext. Das Vergaberecht für öffentliche Aufträge wird immer komplexer, unübersichtlicher und damit bürokratischer. „Das Vergaberecht ist ein Symbol für den Bürokratismus in Deutschland“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler. Diese starke Bürokratielastigkeit bedingt geradezu, dass kleine und mittlere Unternehmen sich nicht mehr an den Ausschreibungen beteiligten, betont er.
Bereits die Vorgänger-Regierung hatte einen Gesetzesentwurf vorgelegt, zu dem die Industrie- und Handelskammern umfangreiche Anmerkungen gemacht hatten. Diese blieben in dem nun vorgelegten Gesetzesentwurf weitgehend unberücksichtigt. „Das neue Gesetz bedingt eine Prüforganisation als neue Behörde. Am Ende ist absehbar, dass noch weniger Angebote für die dringend notwendigen Infrastrukturmaßnahmen eingehen werden“, erklärt Thilo Rentschler. Die im Entwurf vorgeschlagene vorgelagerte und auftragsunabhängige Prüfung von Eignungsnachweisen des Bieters durch die IHK-Organisation wird zudem durch die DIHK als nicht praxistauglich eingestuft. „Deshalb muss der Entwurf dringend nachgebessert werden“, sagt Thilo Rentschler.