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Vertrauen als Währung im Gesundheitsmarkt, Drogerieriese dm im Startblock, Vor-Ort-Apotheken unter Wettbewerbsdruck

Ausgabe Nr. 75 | Noch kein Starttermin für den dm-Versand, aber die strategische Verschiebung für Apotheken kündigt sich längst an

(PresseBox) (Karlsruhe, )
 

Stand: Dienstag, 09. Dezember 2025, um 18:45 Uhr

Apotheken-News: Kommentar von heute

Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über dm-Versandpläne, Versorgungsstrukturen und die Zukunft der Vor-Ort-Apotheken

Vertrauen ist die Währung der Gesundheitsbranche. Wer sie hält, entscheidet darüber, ob Versorgung als persönliche Verantwortung vor Ort wahrgenommen wird oder als Produkt, das sich einfach an einen bestehenden Handelskonzern andocken lässt. In diese stille Verschiebung fällt der geplante OTC-Versand von dm aus Tschechien. Noch ist kein Starttermin genannt, noch wirkt vieles wie „wir sind noch nicht so weit“. Aber hinter dieser Zurückhaltung steht kein Experiment, sondern ein Konzern, der längst gezeigt hat, wie man mit konsequenter Markenführung und flächendeckender Präsenz Märkte prägt. Für die Vor-Ort-Apotheken ist das keine Randnotiz, sondern ein Menetekel an der Wand: Wenn ein solcher Player einmal in der Arzneimittelversorgung Fuß fasst, verändert sich das Kräfteverhältnis dauerhaft.

Die Debatte über Versandhandel dreht sich seit Jahren um DocMorris, Shop Apotheke und andere Versender, die als externe Konkurrenz wahrgenommen werden. dm gehört in eine andere Kategorie. Hier trifft ein etabliertes, sympathisch inszeniertes Konsumlabel mit enormer Kundenbindung auf ein Geschäftsmodell, das Gesundheit und Wohlbefinden schon seit Jahren in einem Regal führt. Wenn ein solcher Händler nun beginnt, Arzneimittel als nächsten logischen Baustein in seine Onlinewelt zu integrieren, ist das kein Nebenschauplatz. Es ist der erste Schritt in eine Entwicklung, bei der die Grenze zwischen Drogeriemarkt und Gesundheitsversorger schrittweise verwischt. Heute OTC aus Bor, morgen womöglich eine breiter angelegte Rolle im Gesundheitsmarkt, wenn Regulierung und Mehrbesitzregeln es zulassen.

Für Apotheken ist die entscheidende Frage nicht, ob eine ausländische Versandapotheke im Hintergrund den Versand technisch abwickelt, sondern wer die Kundenschnittstelle kontrolliert. dm verfügt über Millionen Kundenkontakte, ein enges Filialnetz und eine starke Digitalplattform. Jede E-Mail, jeder Banner, jedes Angebot im Online-Shop schafft Vertrautheit mit der Idee, dass Arzneimittelbestellung schlicht eine weitere Funktion im dm-Universum ist. Damit verschiebt sich die Wahrnehmung der Kundinnen und Kunden leise, aber nachhaltig: Arzneimittel werden weniger als Teil eines besonderen Versorgungsverhältnisses verstanden, sondern als Produktkategorie im Rahmen eines bekannten Handelskonzepts.

Genau hier berührt die Diskussion den Kern dessen, was Vor-Ort-Apotheken ausmacht. Sie leben davon, dass Beratung, Verantwortung und Nähe zusammenfallen. Wer in die Apotheke geht, erwartet mehr als eine Transaktion. Es geht um Einschätzung von Risiken, um das Erkennen von Wechselwirkungen, um das Auffangen von Unsicherheiten. Dieses Modell steht schon heute unter Druck: Fixhonorar ohne echte Dynamisierung, Engpässe, Personalmangel, Bürokratie und eine Politik, die die Flächenversorgung häufig verbal lobt, aber ökonomisch an den Rand schiebt. Wenn in dieser Lage ein Handelsriese ansetzt, die gewohnte Vertrautheit aus dem Drogerieregal in den Arzneimittelmarkt zu verlängern, verschiebt sich das Gleichgewicht noch weiter.

Wer die aktuellen Entwicklungen nur unter dem Schlagwort „Versandhandel“ verbucht, unterschätzt die strategische Dimension. Ein Unternehmen wie dm denkt in Wertschöpfungsketten, Skaleneffekten und Markenführerschaft, nicht in einzelnen Sortimentstests. Wenn der erste Schritt – der grenznahe Versand rezeptfreier Arzneimittel – funktioniert, liegt es nahe, Perspektiven zu entwickeln, die weit über OTC hinausreichen. Internationale Beispiele zeigen, dass Modelle, in denen Drogerien und Apothekenfunktionen zusammenrücken, kein theoretisches Gedankenspiel sind. Entscheidend ist, welche regulatorischen Türen sich öffnen, wenn politischer Druck für „mehr Wettbewerb“ und „moderne Versorgungskonzepte“ mit dem Auftreten eines vertrauten Handelskonzerns zusammentreffen.

Für die Vor-Ort-Apotheken bedeutet dies, dass sie sich in einer doppelten Zange wiederfinden. Auf der einen Seite stehen seit Jahren die bekannten Versandakteure, die mit Preis- und Bonuslogiken arbeiten. Auf der anderen Seite könnte sich mit dm ein Player etablieren, der gleichzeitig stationär und digital stark ist und damit den Vertrauenbonus im Alltag direkt im Regal bespielt. Wenn die politische Debatte sich dabei weiterhin auf abstrakte Strukturfragen, Gutachten und Reformetiketten konzentriert, droht der eigentliche Kipppunkt übersehen zu werden: Nicht die einzelne Versandapotheke, sondern die mögliche Verschmelzung von Handelskettenmacht und Versorgungsfunktion ist das, was die Statik der Arzneimittelversorgung grundlegend verändern kann.

Die Verantwortung liegt nicht nur bei der Politik, sondern auch im Berufsstand selbst. Es reicht nicht, reflexartig auf die Gefahr durch „die Versender“ hinzuweisen, wenn ein Drogerieriese mit ganz anderen Ressourcen und einer anderen Markenvertrauenskultur antritt. Apotheken müssen klar formulieren, welche Rolle sie in einem Gesundheitsmarkt einnehmen wollen, in dem Plattformen und Ketten eine immer größere strukturelle Macht gewinnen. Wenn die Botschaft nach außen lautet, man sei in erster Linie Opfer der Rahmenbedingungen, überlässt man das Deutungsfeld anderen. Wer dagegen deutlich macht, dass wohnortnahe Versorgung auf Verantwortung, persönlicher Bindung und fachlicher Tiefe basiert, setzt einen Kontrapunkt zu einer Entwicklung, die Arzneimittel zu einer austauschbaren Kategorie im Warenkorb degradiert.

Vertrauen als Währung der Gesundheitsbranche lässt sich nicht durch Rabatte, Payback-Punkte oder schnelle Lieferzusagen ersetzen. Es entsteht dort, wo Menschen erleben, dass Entscheidungen zu ihrem Nutzen getroffen werden und nicht bloß in eine Logistikkette eingepasst werden. Wenn ein Konzern wie dm künftig Arzneimittel vertreibt, wird er dieses Vertrauen gezielt ansprechen und mit seinen Markenwerten aufladen. Die Frage ist, ob Politik und Aufsicht die Rahmenbedingungen so definieren, dass diese Währung nicht entwertet wird. Dazu gehört eine klare Entscheidung, wie viel Konzentration im Markt akzeptiert wird, wie Schutzmechanismen für die Fläche aussehen und welche Anforderungen an Verantwortung und Erreichbarkeit gestellt werden, wenn Handelsketten in die Versorgung einsteigen.

Für die Apotheken selbst ist es an der Zeit, die eigene Rolle im Lichte solcher Entwicklungen neu zu justieren. Wer sich ausschließlich auf Proteste und Klagen gegen Reformvorhaben konzentriert, übersieht, dass sich parallel neue Konstellationen formieren, die weit über einzelne Honorarkomponenten hinausgehen. Ein bundesweit präsenter Drogeriemarkt, der schrittweise zum Gesundheitsakteur wird, stellt eine systemische Herausforderung dar. Die Antwort darauf kann nicht nur in Abwehrreaktionen liegen, sondern muss in einem klar formulierten Anspruch bestehen, welche Versorgungsqualität, welche Erreichbarkeit und welche Verantwortung nur mit einem dichten Netz unabhängiger Apotheken gewährleistet werden können.

Die Entwicklung rund um den dm-OTC-Versand ist damit ein Testfall für die Frage, wie ernst es Politik und Gesellschaft mit der viel beschworenen Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken wirklich meinen. Bleibt es bei wohlklingenden Bekenntnissen und punktuellen Korrekturen, während im Hintergrund neue Marktmächte aufgebaut werden, droht die Antwort faktisch auszufallen: Man nimmt den Rückzug der Fläche in Kauf, solange Versorgung irgendwie noch organisiert werden kann. Wenn Vertrauen tatsächlich die Währung der Gesundheitsbranche ist, braucht es jetzt Entscheidungen, die diese Währung stabilisieren, statt sie schrittweise in einem Meer von Handelsmarken aufzulösen.

Die Ankündigung eines OTC-Versands aus Tschechien wirkt auf den ersten Blick wie eine Randnotiz im Weihnachtsrauschen des Handels, doch in Wahrheit verschiebt sich an dieser Stelle der Horizont der Apothekenversorgung. Wo bisher Versandapotheken als externe Konkurrenz galten, tritt nun ein Handelsriese auf den Plan, der Vertrauen, Sortiment und Datenströme längst zusammenführt. Die Frage lautet nicht mehr, ob ein weiterer Anbieter dazukommt, sondern wie sich das Machtgefüge verändert, wenn eine vertraute Drogeriemarke Arzneimittel als nächste Ausbaustufe ihres Ökosystems behandelt. Genau hier entscheidet sich, ob die Vor-Ort-Apotheken weiterhin als erste Adresse für Verantwortung gelten – oder ob sie schleichend zu Randakteuren in einem Markt werden, den andere definieren.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn ein Handelskonzern wie dm seine Marktmacht vorsichtig in den Gesundheitsmarkt verlängert, steht mehr auf dem Spiel als eine neue Bestelloption im Netz. Es geht um die Frage, ob Vertrauen bei Arzneimitteln an Gesichter und Verantwortung gebunden bleibt oder in der Logik eines Handelslabels aufgeht. Werden politische Entscheidungen und standespolitische Strategien diesem Strukturwandel nur hinterherlaufen, geraten Apotheken in eine Rolle, in der sie Lücken schließen sollen, während andere die Spielregeln setzen. Die eigentliche Bewährungsprobe für den Gesundheitsstandort besteht darin, jetzt Grenzen und Leitplanken zu definieren, die Wettbewerb erlauben, ohne die Fläche preiszugeben. Bleibt diese Klärung aus, werden künftige Entscheidungen im Schatten großer Marken getroffen – und die Vor-Ort-Apotheken merken erst spät, dass ihr Platz an der Wertschöpfungstafel längst neu gedeckt wurde.

SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de

Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.

Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.

Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

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Die ApoRisk® GmbH gilt als führender, unabhängiger Fachmakler mit tiefgehender Spezialisierung auf die vielschichtigen Versicherungsrisiken der Apothekenbranche. Mit ihrem einzigartigen Mix aus umfassendem Branchen-Know-how, fundierter juristischer Expertise und innovativer digitaler Prozesskompetenz begleitet ApoRisk Apotheken strategisch bei der Erfassung, Bewertung und passgenauen Absicherung betrieblicher Risiken. Als provisionsneutraler Partner agiert das Unternehmen konsequent im Interesse seiner Kundinnen und Kunden und steht für verantwortungsbewusste Betriebsführung mit Weitblick. Unter dem Leitsatz „Apotheken sicher in die Zukunft“ verbindet ApoRisk zukunftsweisende Versicherungslösungen mit einem tiefen Verständnis für die Herausforderungen des Gesundheitswesens und schafft so eine verlässliche Basis für nachhaltigen Erfolg.

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