„Homologation verbindet Technologie, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Verantwortung“, konstatierte Stefan Merkl, Head of Mobility Industry bei TÜV SÜD in seiner Eröffnungsrede. Die großen Herausforderungen sind neue Technologien, wie etwa automatisiertes Fahren, verschärfte Emissionsanforderungen, neue internationale Regulierungen und EU-Vorschriften sowie Software-definierte Fahrzeuge mit Over-the-Air Updates. Diese Technologien erfordern neue Prüfverfahren für Software, Cybersecurity und Funktionale Sicherheit. Die stete Weiterentwicklung der Software in bereits genehmigten Fahrzeugen bedingt zunehmend Homologation in einem kontinuierlichen Prozess. Zudem stellt die Zulassung neuer Batterietechnologien und Hochvolt-Systeme für Elektromobilität und alternative Antriebe neue, konkrete Anforderungen an Sicherheit, Recycling und Nachhaltigkeit. Homologation ist längst kein rein technisches Feld mehr: CO2-Bilanzierung, Reuse-/Recycle-Anforderungen und Environmental Compliance gehören dazu.
Genehmigungsverfahren für ferngesteuerte und autonome Fahrzeuge aktuell im Fokus
Eine umfängliche Bestandsaufnahme zur Rechtslage zum Autonomen Fahren präsentierte Jonas Herde von der TÜV SÜD Auto Service GmbH. Beginnend mit der Begriffsklärung der SAE J3016 Level 0 bis 5 wurden die rechtlichen Hürden in Deutschland nebst der einschlägigen Weiterentwicklung vom Straßenverkehrsgesetz bis zu den Verkehrsregeln ausführlich vorgestellt. Die technischen Anforderungen gemäß UNECE, EU und nationalen Verordnungen wie der Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung, AFGBV, bilden inzwischen eine solide Rechtslage mit bekannten Schwachstellen, wobei die Vorschriften kontinuierlich aktualisiert werden. Jonas Herde fasste die Entwicklungen trefflich zusammen: „Die technischen Möglichkeiten eilen der aktuellen Rechtslage immer voraus, das liegt in der Natur der Sache.“
Über den aktuellen Status der Betriebsgenehmigungen nach AFGBV berichtete Frank Schneider vom TÜV-Verband in seinem Vortrag. Derzeit laufen rund 170 Erprobungsgenehmigungen – mehrheitlich im Bereich von Level 3 Fahrfunktionen. Einige wenige Hersteller streben Level 4 Regelgenehmigungen an. Die Genehmigungsprozesse für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion Level 4 teilen sich grundsätzlich die Fahrzeugtypgenehmigung und die Betriebsgenehmigung für einen definierten Betriebsbereich. Für beide Genehmigungsprozesse sind Beurteilungen durch einen Technischen Dienst vorgegeben. Ein Leitfaden für Erprobungsgenehmigungen für automatisierte und autonome Fahrzeuge ist vom TÜV-Verband in Vorbereitung und wird als VDI-Empfehlung und TÜV-Verbands-Merkblatt 768 im Dezember 2025 erscheinen.
Chancen und Risiken durch Künstliche Intelligenz
Einen guten Ausblick auf die umfangreichen Auswirkungen der europäischen KI-Verordnung auf die Automobilindustrie vermittelte Sebastian Giera von der Robert Bosch GmbH. Die Wechselwirkungen der diversen Verordnungen sind komplex und noch nicht hinreichend geklärt. Die Vorgaben und Prüfungen einer KI für die Typgenehmigung sind nach seiner Einschätzung noch unzureichend definiert. Insbesondere bei selbstadaptierenden Systemen ist die Regulation noch nicht geklärt. Fazit: Künstliche Intelligenz ist für die Automobilindustrie herausfordernd.
Mehr Effizienz in der Homologation durch Künstliche Intelligenz verspricht Wolfgang Bern, Geschäftsführer der Bern GmbH, in seinem Vortrag. Eine entsprechend programmierte und trainierte KI kann die relevanten Vorschriften bei Fahrzeugprüfungen benennen und interpretieren. Denkbar wäre zudem, dass ein digitaler Prüfplan erstellt wird.
Von der Verbrauchserfassung zum realen CO2-Flottenwert
Etwas außerhalb der allgemeinen Wahrnehmung wurde von der EU mittels Verordnung 2019/631 und 2021/392 das On-Board Fuel Consumption Monitoring vorgeschrieben. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor der Klassen M1, N1 und N2 und einer Typgenehmigung seit 01.01.2021 müssen die gesamten Kraftstoffverbrauchswerte speichern. Diese und weitere Daten werden über die OBD-Schnittstelle von Vertragswerkstätten und bei der Hauptuntersuchung ausgelesen und vom Fahrzeughersteller beziehungsweise über die jeweilige Prüforganisation und das Kraftfahrtbundesamt an die EU-Kommission zum Zwecke der Überprüfung der CO2-Flottenwerte übermittelt. Laut Bundesministerium für Verkehr ergaben die Datenauswertungen der im Jahr 2021 erstmalig zugelassenen Fahrzeuge: Die Differenz bei Pkw mit Verbrennungsmotor lag mit 21,2 Prozent im zu erwartenden Bereich. Deutlich größer ist die Differenz bei Plug-in-Hybriden. Bei diesen beträgt die durchschnittliche Abweichung der tatsächlichen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen sogar 238 Prozent.