Noch immer versucht SAP, die Kunden vom neuen Support-Model zu überzeugen - trotz Proteststürmen und heftiger Kritik zahlreicher Anwendervereinigungen. Mit einem mit Sugen (SAP User Group Executive Network) entwickeltem Messsystem will man ganz offiziell beweisen, dass die erhöhten Supportkosten ihren Preis wert sind. Dazu wurde sich auf ein Kennzahlensystem (Sugen KPI Index) geeinigt. "Der überwiegende Teil der Anwender erkennt die Vorteile des Enterprise-Supports", sagt Léo Apotheker. Doch diese Meinung hat er wohl exklusiv. So kontert die IG SAP Wartung Schweiz in Bezug auf die ersten Ergebnisse des KPI-Index: "Bei keiner der im Benchmark-Programm beteiligten Firmen konnte ein klarer Mehrwert erkannt oder nachgewiesen werden. Obwohl es durchaus Leistungen gibt, die als sinnvoll erachtet werden, rechtfertigen die erzielbaren Einsparungen die 30%ige Preiserhöhung nicht." "Die meisten Anwender hätten lieber ein flexibles Support-Model", ergänzt Axel Susen, Geschäftsführer von susensoftware. "Wieso sollten Mittelständler auch mehr zahlen als Großkonzerne?"
Tatsächlich birgt der KPI-Index einige Nachteile: Denn erhoben werden die KPI-Messwerte nur bei 100 Unternehmen, die sich verpflichtet haben, für mehrere Jahre an diesem Projekt teilzunehmen - und nun im Gegenzug eine Sonderbehandlung der Extraklasse genießen. "Das sind leider alles andere als realistische und repräsentative Umstände, unter denen diese Messung stattfindet. Soviel Aufmerksamkeit und Pflege werden die anderen SAP-Anwender später nicht erhalten", urteilt Susen. Auch Peter Wesche, Research Director IT Asset Management & Procurement beim Marktforschungsinstitut Gartner, sieht darin eher eine perfekte Marketing-Story der SAP.
Werden die treuesten Bestandskunden abgestraft?
Der KPI-Index hat noch einen weiteren Haken: Nur wenige der 100 Unternehmen stammen aus Deutschland. Dabei unterscheidet sich die deutschsprachige SAP-Szene stark von der anderer Länder. Viele Bestandskunden nutzen die ERP-Software bereits seit vielen Jahren; SAP ist hier gemeinsam mit seinen Kunden gewachsen. Dementsprechend viel Erfahrung haben IT-Abteilungen mit SAP-Programmen und betreiben ihre IT-Landschaft meist sehr stabil. In Problemfällen stehen zudem zahlreiche freie Systemberater zur Verfügung, sodass es hierzulande kaum Bedarf für eine derart aufwendige und teure Wartung gibt. "In anderen Ländern sieht das aber ganz anders aus", weiß Axel Susen aus Erfahrung. "Dort haben viele Unternehmen SAP erst kürzlich eingeführt und sind deshalb auf viel Hilfe angewiesen. Erfahrene SAP-Berater kann man da z. T. an einer Hand abzählen. Und die Mehrheit der aktuell befragten Unternehmen stammt gerade aus diesen Ländern: Das verwässert die Werte des KPI Index! Nur weil Anwender in Brasilien mehr Hilfe benötigen, sollen auch deutsche mehr bezahlen?"
Fest steht: Die meisten deutschen SAP-Anwender wehren sich gegen den Enterprise-Support. Fraglich bleibt nur, ob SAP ihnen Gehör schenkt. "Hierzulande brauchen nur wenige Unternehmen den Enterprise-Support: Entweder Anwender, die nah an der Entwicklung arbeiten, d.h. immer die neuesten Releases einsetzen - oder schlecht organisierte!", fasst Susen zusammen.