Pelle Hjortblad: Die erste, wichtige Veränderung, die ich feststellen konnte, war, dass sich Projektarbeit immer mehr aus dem Bereich der Projektplanung hin zur Projektdurchführung verlagert hat. Das kann man wieder einmal besonders gut am Beispiel Microsoft darstellen. Microsoft Project kennt jeder. Vor Jahren galt es als "das" Projektmanagement-Tool" schlechthin. Doch dann verlor es an Bedeutung und wurde zur sogenannten "Schrankware" degradiert. Aber warum? Die Anwender merkten, dass sie mit MS Project ihre Vorhaben zwar sehr genau und zuverlässig planen konnten, das aber eine flexible Anpassung in der Projektdurchführung nicht immer machbar war. Daraus hat auch Microsoft gelernt und vor Jahren schon seine "Sharepoint Server" auf den Markt gebracht. Man hat also seine Philosophie geändert und konzentriert sich jetzt mehr auf die moderne Teamarbeit und den leichten Datenaustausch. Es geht darum, Informationen zu teilen, wie der Name "Sharepoint" ja schon verrät. In den letzten zwei, drei Jahren kann ich noch einen weiteren Trend im Projektmanagement beobachten. Ich würde das mit dem englischen Begriff "agile" umschreiben. Mir fällt auf, dass es immer mehr darauf ankommt nicht nur flexibel zu reagieren, sondern dabei auch flink und vorausschauend zu bleiben. Damit meine ich, es geht nicht nur darum zu reagieren, sondern auch eigene Ideen durchzusetzen und zu verfolgen.
Wie hat es Projectplace geschafft sich in Schweden, Skandinavien und mittlerweile ganz Europa zu etablieren?
Pelle Hjortblad: Wir waren und sind zunächst einmal ein schwedisches Unternehmen. Die Vorstellung, vor allem EU-Projekte mit dieser Plattform zu unterstützen, ist stellvertretend für die Tragweite dieser Idee. Schon kurze Zeit, nachdem Projectplace auf dem schwedischen Markt aktiv wurde, bekamen wir eine Anfrage aus Norwegen, ob man die Plattform auch dort anbieten könne. Und so kam es, dass wir schon 1999 großen Zuspruch auf dem skandinavischen Markt hatten. Wir erinnern uns: Zu dieser Zeit begann auch langsam der Internet-Hype. Zahlreiche Investoren strömten auf den Markt, allein mit dem Interesse in Internet-Unternehmen zu investieren und diesen zu einem schnellen Wachstum zu verhelfen. Damals war der Himmel die Grenze und sonst nichts. Die Akzeptanz der Internetangebote war damals vor allem in Amerika und Skandinavien sehr hoch. Zentral-Europa war da weitaus zurückhaltender. Das liegt sicherlich im kulturellen
Selbstverständnis der einzelnen Länder begründet - ist heute aber bei weitem nicht mehr so ausgeprägt, wie damals. Mittlerweile sind Webservices auch in dem Niederlanden, Frankreich und Deutschland etabliert und werden wie selbstverständlich genutzt. Nur in südeuropäischen Ländern wie z.B. Italien oder Spanien denkt man auch heute noch konservativer. Alles in allem lässt sich aber sagen, dass sich die zahlreichen Internet-Angebote, so auch Projectplace, in Zentral-Europa etabliert haben und in der Anerkennung nicht mehr hinter klassischen Software-Lösungen zurückstehen.
In diesen Tagen kommt man um das Stichwort "Weltwirtschaftskrise" nicht herum. Wie sehen Sie die Zukunft im SaaS-Markt - eher rosarot oder kohlrabenschwarz?
Pelle Hjortblad: Ich bin von meiner Grundveranlagung her ein Optimist. Und meine positive Einstellung wird - zumindest was den SaaS-Markt betrifft - von führenden Marktforschungsinstituten wie z.B. Gartner geteilt. Gerade erst habe ich in einer Studie gelesen, dass man davon ausgeht, dass der SaaS-Markt 2009 auf dem Niveau von 2008 bleiben oder sogar minimal wachsen wird. Die Gründe für die Prognosen liegen auf der Hand: SaaS-Anwendungen sich preisgünstig, einfach, flexibel und absolut effizient; lauter Eigenschaften, die in Zeiten einer Krise noch wichtiger sind als sonst. SaaS Unternehmen werden die Gewinner dieser Wirtschaftskrise sein, denn sie reduzieren das Investitionsrisiko und die Investitionssumme enorm. Der Kunde erhält die maximale Lösung zu einem attraktiven Preis und flexiblen Konditionen, d.h. es entstehen keine Verbindlichkeiten - das ist in Krisenzeiten ein wichtiger Aspekt. Möchte man die Funktionsweise von SaaS und die damit verbundenen Vorteile bildlich darstellen, finde ich die Metapher des öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV) sehr treffend: Hier verwenden zahlreiche Menschen auch das gleiche Transportmittel und zahlen dafür einen festen Monatspreis - unabhängig davon, wie oft oder intensiv sie den öffentlich Nahverkehr nutzen. Sie haben konkrete Rahmenbedingungen, z.B. den Fahrplan, an den sie sich halten müssen, auf die Zielerreichung können Sie sich verlassen und gleichzeitig bleiben die Kosten transparent und sind jederzeit steuerbar. In Stockholm hat es in diesem Monat eine Untersuchung zum Nutzungsverhalten des ÖPNV gegeben. Dabei wurde festgestellt, dass immer mehr Menschen auf Bus und Bahn umsteigen und dabei vor allem auf die obengenannten Gründe verweisen. Allein im November konnte man einen Anstieg von 10% feststellen. Ich würde mich durchaus trauen, diese Aspekte auf die moderne SaaS-Technik zu übertragen. Wenn man dabei sogar soweit geht und das vieldiskutierte Thema "Umweltschutz" ins Spiel bringt, finden sich kaum noch Argumente, die dagegen sprechen. Weder gegen den Bus noch gegen SaaS.
Was glauben Sie, würde ein Projektleiter auf seinen "Wunschzettel" für das optimale Projektmanagement Programm setzen?
Pelle Hjortblad: Ganz oben auf der Liste wäre so etwas wie ein "Projektmanagement-Wikipedia". Ein Projektleiter würde es absolut begrüßen, wenn er ein Tool zur Verfügung hätte, mit dem er weltweit sämtliche Informationen, Vorgehensmodelle und "Learnings" aus dem Bereich der Projektarbeit abgreifen könnte. Mit unserem Projektmanagement Blog, den es bisher leider nur auf Englisch gibt, haben wir bereits einen Schritt in diese Richtung gewagt. Die Akzeptanz und das Interesse daran bestärken uns, diese Richtung weiter zu verfolgen. Selbstverständlich wird ein Projektleiter auch fordern, dass ein problemloser Datenaustausch möglich ist - unabhängig von den Firewall-Restriktionen der Unternehmen. Selbstverständlich legt er großen Wert auf unkomplizierte Analyse- und Steuerungs-möglichkeiten; Online-Meetings und andere moderne Kommunikationstechniken werden für eine Selbstverständlichkeit sein - ebenso wie die Verfügbarkeit von Vorgehensmodellen bewährter Projektmanagement-Methoden.
Wie schätzen Sie den Projektmanagementmarkt derzeit ein? Es gibt etablierte Projektsteuerungstools wie MS Project, unmittelbare Konkurrenten, wie z.B. Blue ant aber auch attraktive Entwicklungen im Bereich OpenSource. Was ist die Zukunft?
Pelle Hjortblad: Wie schon gesagt, bin ich vor allem vom nachhaltigen Einfluss bewährter Erfahrungen im "Consumer-Bereich" überzeugt. Soziale Netzwerke und deren Strukturen werden sich auch in der Businesswelt immer mehr durchsetzen. OpenSource und Sharepoint spielen diesbzgl. eine wichtige Rolle. Wesentlicher aber ist der Paradigmenwechsel im Kopf. Bei grundlegenden Veränderungen, sei es im Business-Bereich oder im Privaten, spielt zum einen die Weiterentwicklung moderner Technologien eine Rolle. Folgt diesen Möglichkeiten aber kein Umdenken und vor allem Handeln, wird langfristig keine nachhaltige Veränderung zu beobachten sein. Nur wenn technische Möglichkeiten, veränderte Umweltanforderungen und ein Paradigmenwechsel im Handeln zusammenspielen, können sich innovative Änderungen durchsetzen. Anderenfalls bleiben sie nur eine Randerscheinung, wie z.B. der Tablet PC. Der eröffnete zwar zahlreichen Projektarbeitern einen sehr mobilen Einsatz, aber parallel zu Hardware fanden nur wenige Neuerungen in der Software statt. So profitieren zwar Arbeitsbereiche, wie z.B. Krankenhäuser, vom Einsatz des Tablet PC's. Insgesamt hat sich aber die zeitgleich entwickelte BlackBerry-Technik durchgesetzt - denn hier gingen Hard- und Software-Innovation mit geänderten Anforderungen im Business Alltag und einen Paradigmenwechsel Hand in Hand.