Herr Zettl, Herr Tanasic – Feuerfestmaterialien sind für viele ein Nischenthema. Warum spielen sie dennoch eine zentrale Rolle in der grünen Transformation?
Zettl: Ohne Feuerfestprodukte läuft in der Industrie nichts. Sie ermöglichen Hochtemperaturprozesse – ob in der Stahl- oder Zementherstellung. Aber sie verschleißen und müssen regelmäßig ersetzt werden. Die große Frage ist: Entsorge ich sie – oder führe ich sie als Rohstoff zurück? Letzteres reduziert die Abhängigkeit von Rohstoffimporten und drückt den Ausstoß von CO2 deutlich.
Tanasic: Hinzu kommt: Magnesia und andere Primärrohstoffe, aus denen Feuerfestprodukte hergestellt werden, sind besonders CO2-intensiv. Wenn wir sie durch recycelte Materialien ersetzen, senken wir den Fußabdruck um bis zu 90 Prozent. Das ist messbar und für unsere Kunden direkt relevant.
Sie sprechen von einem „CO2-optimierten Feuerfestkonzept“. Was heißt das konkret?
Zettl: Wir berechnen den Product Carbon Footprint jeder Ofenauskleidung und entwickeln auf dieser Basis Alternativen mit höherem Recyclinganteil. Entscheidend ist: Die Produkte haben die gleiche Qualität und Leistungsfähigkeit wie Primärprodukte – aber deutlich geringere CO2 Emissionen. Das erlaubt es, die ESG-Ziele schneller und langfristig kosteneffizienter zu erreichen.
Wie funktioniert die Rückführung in der Praxis?
Tanasic: Wir begleiten den gesamten Kreislauf: Rückbau, Sortierung, Aufbereitung, Reintegration. Das ist kein „Abfallgeschäft“, sondern gezielte Rohstoffrückführung. 2025 werden wir ca. 250.000 Tonnen verarbeiten, die nicht auf einer Deponie landen – das entspricht fast 500.000 Tonnen eingespartem CO2.
Zettl: Und: Wir reduzieren damit Importabhängigkeiten. Das ist angesichts geopolitischer Spannungen ein ökonomisches Argument, nicht nur ein ökologisches.
Sie nennen dieses Modell „CERO-Waste“. Wo liegt der Unterschied zu klassischem Recycling?
Tanasic: Recycling funktioniert immer am Besten, wenn alle Beteiligten mitziehen: Hersteller, Nutzer & Recycler. Deshalb sehen wir CERO-Waste als Partnerschaftsmodell, in dem gemeinsam nachhaltige, kreative, effektive und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen entstehen.
Zettl: Wir sprechen hier nicht über punktuelle Projekte, sondern über eine Rohstoffstrategie. Wer frühzeitig zirkuläre Materialströme integriert, gewinnt Versorgungssicherheit und Wettbewerbsvorteile.
Welche Vorteile spüren Kunden konkret?
Tanasic: Erstens: fachgerechte und gesetzeskonforme Entsorgung. Zweitens: transparenter und wertentsprechender Wiedereinsatz. Drittens: reduzierte Abhängigkeit durch lokal entstehende nachhaltige Rohstoffe.
Zettl: Hinzu kommt die Außenwirkung: Investoren und Kunden honorieren Unternehmen, die Kreislaufwirtschaft systemisch umsetzen. Das spiegelt sich zunehmend auch in Ratings wider.
Wie reagiert die Industrie bislang?
Zettl: Die Nachfrage steigt spürbar. Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie mit Zirkularität gleich drei Ziele erreichen: CO2 senken, Kosten stabilisieren, Versorgung sichern.
Tanasic: Der Druck wächst: „Nachhaltigkeit“ allein reicht nicht mehr – gefragt sind belastbare Strategien für Rohstoffkreisläufe. Wer hier nicht handelt, riskiert regulatorische Nachteile und Wettbewerbsverluste.
Welchen Beitrag leisten Feuerfestprodukte konkret zu Green-Steel-Initiativen?
Zettl: Pro Tonne Stahl entfallen etwa 22 Kilogramm CO2 allein auf Feuerfestmaterialien. Das klingt gering, ist aber ein relevanter Hebel, wenn man bedenkt, dass weltweit rund 2 Milliarden Tonnen Stahl pro Jahr produziert werden.
Tanasic: Egal ob der Wiedereinsatz in feuerfesten Produkten oder als gezielt hergestellter metallurgischer Zuschlagstoff direkt im Stahlwerk erfolgt: wir reden immer von mehreren tausend Tonnen gespartem CO2 pro Jahr. Das ist, abgesehen vom grundsätzlichen Technologiewandel, wesentlich mehr als die meisten Eigeninitiativen der Kunden.
Mehr Informationen unter: mireco.com oder rhimagnesita.com