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Retaxirrsinn frisst Vertrauen, Nullretax bedroht Honorare, Schutzbedarf wächst täglich

Ausgabe Nr. 69 | Wenn Retaxserien Honorare entwerten und Schutzstrategien über die Zukunft von Betrieben mitentscheiden

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Apotheken-News: Kommentar von heute

Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über Nullretaxationen, Retaxpraxis der Kassen und wirtschaftliche Risiken für Apotheken

Retaxationen gehörten lange zur wenig geliebten, aber hinnehmbaren Begleitmusik des Abrechnungssystems. Was sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat, geht jedoch weit darüber hinaus: Nullretaxationen bei hochpreisigen Verordnungen verwandeln eine erbrachte Leistung im Nachhinein in einen buchhalterischen Nullwert, obwohl Patientinnen und Patienten längst versorgt sind. Das Signal, das damit gesendet wird, ist verheerend. Es lautet: Entscheidend ist nicht, ob Versorgung funktioniert hat, sondern ob das Formular an jeder Stelle unangreifbar ist. In einer Welt, in der Arbeitsverdichtung, Personalmangel und ständig neue Vorgaben den Alltag prägen, wirkt diese Logik wie eine Einladung zur Überforderung. Wer so steuert, darf sich nicht wundern, wenn in Betrieben das Gefühl entsteht, das eigene Engagement werde systematisch gegen sie verwendet.

Besonders perfide ist die Asymmetrie der Risiken. Ein formaler Fehler – etwa eine fragwürdig interpretierte Arztangabe, ein fehlender Zusatz oder eine Diskrepanz in der Fristenlogik – führt im Extremfall zur vollständigen Verweigerung des Honorars. Auf Seiten der Kassen bedeutet dies eine Einsparung, die im Gesamtbudget kaum auffällt. Auf Seiten der Apotheken kann derselbe Vorgang die Liquidität spürbar treffen, gerade wenn mehrere Fälle in kurzer Zeit zusammentreffen. Es ist kein Zufall, dass sich die schärfsten Retaxinstrumente besonders gerne bei hochpreisigen Medikamenten entfalten; dort ist der Hebel am größten. So entsteht eine Praxis, die offiziell der Korrektur dient, in der Wahrnehmung vieler Leistungserbringer aber wie eine systematische Verschiebung von Risiken wirkt – weg von kollektiv getragenen Budgets hin zu einzelnen Betrieben, die ohnehin unter Druck stehen.

Wer in dieser Lage von „Formfehlern“ spricht, verharmlost den Dominoeffekt. Eine Nullretaxation bleibt selten allein: Sie zieht Widerspruch, Schriftwechsel, Fristenkontrolle, im Zweifel anwaltliche Unterstützung nach sich. Zeit, die an anderer Stelle fehlt, Nerven, die im Alltag mit Patientinnen und Patienten besser eingesetzt wären. Noch schwerer wiegt, dass jede neue Retaxation die Angst nährt, weitere könnten folgen – nicht, weil schlampig gearbeitet würde, sondern weil die Grenze zwischen vertretbarer Auslegung und gnadenloser Sanktion nicht mehr klar erkennbar ist. In dieser Atmosphäre entsteht ein Klima der defensiven Verwaltung: mehr Vier-Augen-Prinzip, mehr Rückfragen, mehr Vorsicht bei Grenzfällen. Das mag kurzfristig Fehlerquoten senken, kostet aber Energie, die dann für Weiterentwicklung, neue Dienstleistungen und Innovation fehlt.

Vor diesem Hintergrund wird der Ruf nach politischer Korrektur lauter – und zwar zu Recht. Es reicht nicht, einzelne besonders drastische Fälle zu beklagen und ansonsten weiterzumachen wie bisher. Wenn erbrachte Leistungen regelmäßig nachträglich entwertet werden, ist das kein Randphänomen, sondern eine Frage der Systemarchitektur. Eine faire Retaxpraxis müsste anerkennen, dass es Abstufungen gibt: zwischen grober Pflichtverletzung, die harte Konsequenzen rechtfertigt, und formalen Unschärfen, die die Versorgung nicht beeinträchtigt haben. Stattdessen herrscht in vielen Konstellationen eine Logik des Alles-oder-Nichts. Solange das so bleibt, sendet das System ein doppeltes Signal: Einerseits wird betont, wie wichtig wohnortnahe Versorgung sei, andererseits wird genau diese Versorgung über Abrechnungswege wirtschaftlich ausgehöhlt.

Dass Schutzstrategien und Versicherungslösungen in dieser Gemengelage wichtiger werden, ist keine Schwäche, sondern Ausdruck von Professionalität. Wer sich gegen Retaxrisiken absichert, erkennt an, dass sich nicht jede Eskalation im Vorfeld vermeiden lässt. Gleichzeitig darf diese zweite Linie nicht zur Beruhigungspille werden, mit der überzogene Retaxpraxis hingenommen wird. Versicherungen können Liquiditätsrisiken abfedern, Kosten von Widerspruchsverfahren schultern und im Ernstfall den Fortbestand eines Betriebs sichern. Sie können aber nicht ersetzen, was politisch und vertraglich geklärt werden muss: die Frage nach Verhältnismäßigkeit, nach Transparenz in der Prüfpraxis und nach einer fairen Verteilung von Risiken zwischen Kassen und Leistungserbringern. Wer Schutzlösungen als rein fakultativen Luxus behandelt, ignoriert die Realität eines Systems, das mit immer schärferen Korrekturwerkzeugen arbeitet.

Die eigentliche Zumutung liegt darin, dass sich stille Erosion mit lauter Rhetorik überlagert. Offiziell wird Versorgungssicherheit beschworen, Apotheken werden als unverzichtbare Stütze der Fläche gelobt, und gleichzeitig wird in der Abrechnung mit einer Konsequenz angesetzt, die im Einzelfall den Boden unter den Füßen wegziehen kann. Auf Dauer entsteht so ein Vertrauensschaden, der schwerer zu beheben ist als jeder Einzelfall. Wenn Leistungserbringer den Eindruck gewinnen, dass ihr Engagement nicht nur unzureichend honoriert, sondern im Zweifel bestraft wird, schwindet die Bereitschaft, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen. In einer Zeit, in der genau diese Bereitschaft gebraucht würde – für neue Versorgungsaufgaben, erweiterte Beratung und mehr Prävention –, ist das ein gefährliches Signal.

Retaxschreiben wirken äußerlich unspektakulär: ein Bescheid, ein Betrag, eine Begründung im vertrauten Verwaltungsdeutsch. Hinter diesen Seiten verbirgt sich jedoch eine Dynamik, die weit über einzelne Vorgänge hinausreicht. Mit jeder Nullretaxation, jedem strittigen Honorarposten und jeder ausufernden Begründungspraxis verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Vertrauen und Kontrolle, zwischen Versorgung und Verwaltung. Im Alltag wird aus einem einzelnen Formular zunehmend ein Prüfstein, an dem sich entscheidet, ob erbrachte Leistung in wirtschaftlicher Sicherheit oder in nachträglicher Entwertung mündet. Diese Spannung lässt sich nicht dauerhaft überblenden, ohne die Grundlage zu gefährden, auf der Versorgung bisher stand.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn Retaxinstrumente konsequent an die Grenze des Zumutbaren geführt werden, verändert sich das Selbstverständnis ganzer Berufsgruppen, noch bevor die Statistik dies abbildet. Wirkung entfaltet sich dort, wo Verantwortliche den Mut haben, Korrekturbedarf nicht nur bei Betrieben, sondern auch bei den eigenen Instrumenten anzuerkennen. Sie zeigt sich, wenn Apotheken nicht länger nur als Adressaten von Bescheiden gesehen werden, sondern als Partner, deren Stabilität für das Gesamtsystem unverzichtbar ist. Und sie reicht bis zu der Einsicht, dass Schutzstrategien und Versicherungslösungen kein Randthema sind, sondern eine Antwort auf eine Entwicklung, die sonst leise an den Grundfesten der Versorgung sägt. Wo diese Einsicht greift, kann aus einem Klima permanenter Drohung wieder ein Umfeld werden, in dem Verantwortung und wirtschaftliche Tragfähigkeit zusammenpassen.

SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de

Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.

Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.

Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

Tagesthemenüberblick: https://aporisk.de/aktuell

ApoRisk GmbH

Die ApoRisk® GmbH gilt als führender, unabhängiger Fachmakler mit tiefgehender Spezialisierung auf die vielschichtigen Versicherungsrisiken der Apothekenbranche. Mit ihrem einzigartigen Mix aus umfassendem Branchen-Know-how, fundierter juristischer Expertise und innovativer digitaler Prozesskompetenz begleitet ApoRisk Apotheken strategisch bei der Erfassung, Bewertung und passgenauen Absicherung betrieblicher Risiken. Als provisionsneutraler Partner agiert das Unternehmen konsequent im Interesse seiner Kundinnen und Kunden und steht für verantwortungsbewusste Betriebsführung mit Weitblick. Unter dem Leitsatz „Apotheken sicher in die Zukunft“ verbindet ApoRisk zukunftsweisende Versicherungslösungen mit einem tiefen Verständnis für die Herausforderungen des Gesundheitswesens und schafft so eine verlässliche Basis für nachhaltigen Erfolg.

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