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Apotheken brauchen klare Preislinien, Streichpreislogik gefährdet Vertrauen, Rechtsprechung markiert Grenzen zwischen Beratung und Rabattreflex

Ausgabe Nr. 78 | Preiswerbung für OTC-Produkte zwischen Standesanspruch, europäischem Werberecht und realen Haftungsrisiken

(PresseBox) (Karlsruhe, )
 

Stand: Mittwoch, 10. Dezember 2025, um 18:15 Uhr

Apotheken-News: Kommentar von heute

Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über Streichpreis-Werbung im OTC-Bereich, Verbraucherschutz bei Arzneimitteln und die Rolle des Berufsrechts

Wer Arzneimittel verkauft, verkauft nie nur Ware – und genau deshalb ist die Frankfurter Linie zu Streichpreisen mehr als ein Detailurteil aus dem Wettbewerbsrecht. Die Entscheidung berührt den Kern der Frage, ob Apotheken sich in ihrem öffentlichen Auftritt stärker an der Logik des Discount-Einzelhandels orientieren oder an der eigenen, immer wieder beschworenen Sonderrolle als heilberufliche Instanzen. Wer mit durchgestrichenen „Vergleichspreisen“ und zweistelligen Ersparnisversprechen arbeitet, setzt bewusst einen Impuls: „Jetzt zugreifen, es ist gerade billig.“ In der Logik des Arzneimittels ist das gefährlich nah an einer Aufforderung zum Mehrkauf vorbei am Bedarf – und genau das sehen Gerichte inzwischen kritischer als viele Marktakteure wahrhaben wollten.

Das Argument, Verbraucherinnen und Verbraucher hätten ein Recht auf Transparenz und Preisvergleich, ist vordergründig plausibel, unterschlägt aber einen entscheidenden Punkt: Transparenz ist etwas anderes als inszenierter Kaufdruck. Wer einen nicht verbindlichen Referenzpreis groß durchstreicht und daneben eine vermeintliche „Sensationserparnis“ platziert, konstruiert eine Bühne, auf der das Produkt nur über den Preis definiert wird. In dieser Inszenierung schrumpft das Arzneimittel zum Schnäppchenartikel, und die Frage, ob und in welcher Menge es therapeutisch überhaupt sinnvoll ist, rutscht nach hinten. Spätestens hier kollidiert die Logik des Handels mit der Logik der Versorgung – und das Berufsbild gerät unter die Räder.

Gegenargumente aus Versenderkreisen folgen meist demselben Muster: Preisvorteile würden nur sichtbar gemacht, niemand werde zum Fehlgebrauch verleitet, die Grenze verlaufe allein bei der zweckwidrigen Anwendung. Dieser Blick blendet jedoch aus, dass psychologische Mechanismen längst Teil des Rechtsverständnisses sind. Wenn Gerichte die „Anlockwirkung“ einer Streichpreis-Werbung als problematisch einordnen, stellen sie nicht plötzlich den mündigen Bürger in Frage, sondern nehmen ernst, dass Blickfangwerbung Verhalten messbar beeinflusst. Genau das ist bei Arzneimitteln nicht irgendein Nebenaspekt, sondern zentral: Wo Wirkstoffe in Eigenverantwortung gekauft werden, muss die Schwelle zum „einfach mal mitbestellen“ höher liegen als im Warenkorb für Turnschuhe oder Dekoartikel. Wer diese Schwelle systematisch absenkt, darf sich nicht wundern, wenn berufsrechtliche und lauterkeitsrechtliche Grenzen enger gezogen werden.

Für Vor-Ort-Apotheken steckt in der Entscheidung eine doppelte Botschaft. Einerseits bestätigt sie die Linie, dass Beratung, Indikationsprüfung und Dosiseinschätzung nicht beliebig gegen Rabattversprechen eingetauscht werden können. Das stärkt jene Häuser, die bewusst auf seriöse Preisgestaltung und fachliche Profilierung setzen, statt in jeder Online-Aktion den eigenen Apothekenverkaufspreis zu kannibalisieren. Andererseits trifft das Urteil jede Betriebsform, die sich vom kurzfristigen Umsatzreiz blenden lässt und Preismechaniken übernimmt, die im Kern nicht zum Berufsbild passen. Wer sich im OTC-Bereich an die Grenze des Zulässigen heranarbeitet, eröffnet nicht nur das Risiko von Abmahnungen und Prozessen, sondern sägt auch an der eigenen Glaubwürdigkeit, wenn es um Zurückhaltung, Einnahmedisziplin und kritische Bewertung von Selbstmedikation geht.

Für die Risikoarchitektur einer modernen Apotheke ist das mehr als eine Fußnote. Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und mögliche Schadenersatzforderungen lassen sich zwar über Rechtsschutz- und Vermögensschadenpolicen bis zu einem gewissen Grad abfedern, aber nie folgenlos neutralisieren. Denn neben den unmittelbaren Kosten drohen strukturelle Folgeschäden: Ein Betrieb, der öffentlich mit rechtswidriger Preiswerbung in Verbindung gebracht wird, verliert Vertrauen bei Stammkunden und gerät unter Beobachtung von Aufsichtsbehörden und Kammern. In einer Branche, die ohnehin um Anerkennung als heilberufliche Säule kämpft, ist das ein Risiko, das sich mit jedem seriösen Geschäftsmodell bei genauer Betrachtung verbietet. Versicherungen können nach einem Fehler helfen, sie können aber nicht dauerhaft eine Strategie stabilisieren, die die Grenze zwischen Beratung und Rabattschlacht systematisch verwischt.

Die eigentliche Chance dieses Urteils liegt darin, dass es einen Klartextpunkt setzt: Entweder Apotheken definieren sich als fachlich geführte Gesundheitsdienstleister, die faire Preise mit hochwertiger Beratung kombinieren, oder sie rutschen Schritt für Schritt in die Logik des Schnäppchenkatalogs ab. Eine glaubwürdige Positionierung im ersten Szenario braucht weder künstlich aufgepumpte Streichpreise noch Referenzwerte, die in der Versorgungsrealität kaum eine Rolle spielen. Sie braucht gut begründete, transparente OTC-Preislinien, klare interne Spielregeln für Aktionen und Mitarbeitende, die erläutern können, warum nicht der höchste Rabatt, sondern der passende Wirkstoff in der passenden Dosis zählt. Dort, wo diese Haltung konsequent gelebt wird, sinkt nicht nur das juristische Risiko – es entsteht auch ein Profil, das sich von reinen Versandmodellen sichtbar abhebt.

Der Frankfurter Richterspruch verordnet der Branche kein Rabattverbot, sondern eine Rückbesinnung: Wer Arzneimittel verkauft, trägt eine andere Verantwortung als ein Händler für Konsumgüter. Solange Apotheken in Sonntagsreden den eigenen heilberuflichen Anspruch betonen, werktags aber mit Streichpreislogik um Klicks und Korrelationen kämpfen, bleibt diese Verantwortung im Schatten. Die Frage ist nicht, ob ein paar Prozent weniger oder mehr Rabatt den Wettbewerb entscheiden, sondern ob das Berufsbild langfristig über Preisakrobatik oder über fachliche Souveränität definiert wird. Wer diese Weichen jetzt bewusst stellt, reduziert nicht nur die Angriffsfläche für Gerichte und Kammern, sondern stärkt die einzige Währung, die auf Dauer trägt: Vertrauen.

Preiswerbung bei Arzneimitteln ist nie nur Marketing, sondern immer auch ein Spiegel dafür, wie eine Gesellschaft den Stellenwert ihrer Gesundheitsversorgung definiert. Wenn Streichpreise und Kaufimpulse aus dem Einzelhandel auf Produkte übertragen werden, die eigentlich mit Beratung, Indikationsprüfung und Zurückhaltung verbunden sind, entsteht eine Schieflage, die weit über eine Werbepraxis hinausgeht. Genau dort setzt die aktuelle Rechtsprechung an und zeigt, wie eng ökonomische Anreize und gesundheitliche Verantwortung miteinander verwoben sind. Die Entscheidung markiert keine neue Strenge, sondern eine Rückkehr zu Prinzipien, die Apotheken seit jeher tragen sollten.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Die Grenzen, die Gerichte nun deutlicher ziehen, erinnern daran, dass Preisgestaltung im Gesundheitswesen nie beliebig sein kann. Wo Rabattsignale stärker wirken als therapeutische Notwendigkeit, verlagert sich Verantwortung vom Fachpersonal auf kurzfristige Kaufimpulse. Entscheidend wird sein, ob Apotheken den Wandel nutzen, um Beratung und Professionalität sichtbar über den Preis zu stellen. Gelingt das, entsteht ein Profil, das im Wettbewerb trägt und Vertrauen langfristig festigt.

SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de

Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.

Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.

Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

Tagesthemenüberblick: https://aporisk.de/aktuell

ApoRisk GmbH

Die ApoRisk® GmbH gilt als führender, unabhängiger Fachmakler mit tiefgehender Spezialisierung auf die vielschichtigen Versicherungsrisiken der Apothekenbranche. Mit ihrem einzigartigen Mix aus umfassendem Branchen-Know-how, fundierter juristischer Expertise und innovativer digitaler Prozesskompetenz begleitet ApoRisk Apotheken strategisch bei der Erfassung, Bewertung und passgenauen Absicherung betrieblicher Risiken. Als provisionsneutraler Partner agiert das Unternehmen konsequent im Interesse seiner Kundinnen und Kunden und steht für verantwortungsbewusste Betriebsführung mit Weitblick. Unter dem Leitsatz „Apotheken sicher in die Zukunft“ verbindet ApoRisk zukunftsweisende Versicherungslösungen mit einem tiefen Verständnis für die Herausforderungen des Gesundheitswesens und schafft so eine verlässliche Basis für nachhaltigen Erfolg.

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