Die BFSV an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg hat hierfür ein Projekt (gefördert von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen - AiF) ins Leben gerufen, das die momentanen Qualitätsmerkmale von Schwerwellpappe für Transportverpackungen auf den Prüfstand stellt und einen Ansatz für eine moderne, praxisorientierte Qualitätsdefinition für Schwerwellpappe sucht. Hierbei kamen spezielle Prüfeinrichtungen von Zwick zum Einsatz.
Ein wichtiges Teilprojekt für ein zielgerichtetes Arbeiten ist hierbei die Ermittlung der Belastungen auf die Wellpappe. Hierbei sind nicht nur statische - und Kurzzeit-, sondern auch dynamische - und Langzeit-Belastungen während der gesamten Lebensdauer zu berücksichtigen (Bild 1).
Qualitätsmerkmale auf dem Prüfstand
Wie wird heute verfahren, wenn eine Wellpappe qualitätsmäßig spezifiziert werden muss? Drei Eigenschaften, die Berstfestigkeit, die Durchstoßarbeit und der Kantenstauchwiderstand bestimmen die Sorte einer Wellpappe nach DIN 55468 (Bild 2).
Man erwartet nun zwei Dinge von Wellpappenkisten: Erstens sollen sie, je höher die Wellpappensorte gewählt wurde, auch steigende Festigkeit besitzen und außerdem sollen Kisten mit gleichen Abmessungen und aus gleicher Wellpappensorte die gleiche Festigkeit besitzen, unabhängig vom Herstellungsprozess
Versuche bei der BFSV haben gezeigt, dass diese Anforderungen meist nicht erfüllt werden. Daher hat sich die BFSV das Ziel gesetzt, einen Weg aus diesen Widersprüchen zu finden und Schwerwellpappe so zu spezifizieren, dass sie die oben erwähnten Erwartungen erfüllen und weiterhin so spezifiziert werden, dass sie den Transport-Anforderungen über ihre Lebensdauer hinweg genügen.
Einflussgrößen und Prüfverfahren
Was macht nun eine Wellpappenkiste zu dem, was sie in den Grundfunktionen heute schon ist: Eine zuverlässige, kostengünstige Verpackung, die zudem den hohen Umweltanforderungen gerecht wird?
Zunächst müssen die Einflussgrößen "Feuchte" und "Lagerung" mit in die Spezifikation aufgenommen werden. Die Werte hierzu liefern die Versuche auf Nass-Berstfestigkeit, nassfeste Verleimung und - in der Planung - ein Langzeitversuch, der Aussagen liefert über die Festigkeit einer Transportverpackung unter statischer Dauerlast.
Weiter zeigt sich, dass eine Transportverpackung unter Belastung ausbeult, also auf Druck und auf Biegung beansprucht wird. Sie bietet also dann guten Schutz, wenn sie aus einem druckfesten und biegesteifen Material hergestellt ist. So gesehen ist es logisch, die Steifigkeit der Wellpappe in ihre Leistungs-Parameter mit einzubeziehen. Warum diese Schlussfolgerung nicht schon viel früher in die Wellpappe-Klassifizierung mit einbezogen wurde, ist rasch erklärt: Die Steifigkeit wird mit Hilfe eines 4-Punkt-Biegeversuchs ermittelt und der ist, im Vergleich zu anderen Versuchen, nicht ganz einfach (Bild 3).
Abgesehen von den rein physikalischen Parametern, die eingehalten werden müssen, sind auch die Eigenschaften der Wellpappe zu berücksichtigen. Wellpappe aus der Produktion kann in zwei Richtungen verwunden sein (twist und wrap), und sie darf im Versuch keinen lokalen Verformungen an den Krafteinleitungspunkten ausgesetzt sein. Daher sind eine Reihe von Vorkehrungen nötig, um den Biegeversuch an Wellpappe prozesssicher zu gestalten. Hier hat Zwick mit seiner Biegeeinrichtung für Wellpappe in Kombination mit seinen gesteuerten Prüfmaschinen, Pionierarbeit geleistet (Bild 4).
Sind die grundlegenden Daten einmal im Prüfprogramm festgelegt, braucht nur noch die Solldicke der Wellpappe eingegeben werden, alles andere übernimmt die Maschine. Der besondere Vorteil ist, dass auch bei einem Wechsel auf eine schwache, nicht bekannte Wellpappensorte keine Überlastung der Probe auftreten kann, weil während des gesamten Versuchs die Randfaserdehnung auf ihren Grenzwert von 0,03 % hin überwacht wird. Der Biege-Verformungsaufnehmer macht im Versuch zwar nur einige 0,1 mm Weg, aber auf Grund der direkten Messung ohne Hebelübertragung und der hohen Auflösung im Nanometerbereich ist die Messung der geringen Verformungen problemlos möglich (Bild 5).
Zusammenfassung
Die durchgeführten Versuche zeigen, dass die Sorteneinteilung von Wellpappe nach DIN 55468 nicht dem Einsatzbereich von Transportwellpappe, wie er heute gefordert, wird entspricht. Zur Beschreibung des Verhaltens von Wellpappe müssen unter Berücksichtigung der Luftfeuchte weitere Parameter in ihre Sorteneinteilung einfließen. Zur Beschreibung des Langzeitverhaltens von Wellpappe ist ein Zeitstandversuch nötig. Hierzu bieten sich modifizierte ECT- und Biegeversuche an.
Die Durchstoßarbeit aus dem Durchstoßversuch hat keine durchgängig konsistente Aussagekraft bezüglich der Leistung von Transportwellpappe. Die Biegesteifigkeit aus dem 4-Punkt-Biegeversuch hat durchgängig konsistente Aussagekraft bezüglich der Leistung von Transportwellpappe. Sie kann heute mit Prüfmaschinen einfach und schnell ermittelt werden (Bild 6).
Dipl.-Ing. Wolfgang Reimers von der BFSV erläutert:
"Mit den Versuchen sind wir unserem Ziel, einen neuen Leistungsstandard für Schwerwellpappe zu entwickeln, der Qualität und Transportzweck der Wellpappe einschließt, ein großes Stück näher gekommen. Ein wesentlicher Schritt vorwärts war dabei die Berücksichtigung der Steifigkeit in den Leistungsdaten. Dabei hat uns unsere Z020 Prüfmaschine von Zwick mit ihrer Biegevorrichtung wertvolle Daten geliefert."
Über die BFSV
Das Institut für Beratung, Forschung, Systemplanung, Verpackungsentwicklung und -prüfung (BFSV) an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg berät und forscht seit über 50 Jahren auf den Gebieten der Verpackung und des Transports von Gütern sowie der Planung und Optimierung transportlogistischer Systeme. In seiner Art und Ausrichtung sowie seiner Anbindung an die Hochschule ist das Institut in Deutschland einzigartig.