Die vollständige mitochondriale Genomsequenz wurde aus einem 38.000 Jahre alten Knochenfragment eines Neandertalers rekonstruiert, das 1980 in der Vindija Höhle in Kroatien ausgegraben wurde. Eine Analyse der Sequenz zeigt eindeutig, dass die mtDNA des Neandertalers keine Variation existierender humaner mitochondrialer DNA ist. Dadurch ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Gene des modernen Mensch zum Neandertaler Genom beigetragen haben. Der Vergleich mit mitochondrialen DNA Sequenzen von Schimpansen und Menschen ergab außerdem, dass sich der moderne Mensch und der Neandertaler vor ca. 660.000 + 140.000 Jahren auseinander entwickelt haben.
"Wir freuen uns sehr, die vollständige genomische Analyse in der Erforschung der menschlichen Evolution anwenden zu können. Dieses Ergebnis ist nur die Spitze des Eisbergs bei der Komplettsequenzierung Neandertaler Genoms," sagt Professor Svante Pääbo, Leiter der Studie und Direktor der Abteilung für Genetik am Max Planck Instituts für Evolutionäre Anthropologie. "Die mitochondriale Sequenz selbst ist von enormer Bedeutung, da sie uns den eindeutigen molekularen Beweis hinsichtlich der Datierung der Auseinanderentwicklung von modernem Menschen und Neandertaler liefert."
Die mitochondriale Sequenzierung ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Sequenzierung des vollständigen Neandertaler Genoms und zeigt eindeutig, dass die Technologie des 454 Sequencings in der Lage ist, sehr alte und degenerierte DNA komplett zu sequenzieren. Angesichts der geringen Größe der Mitochondrien im Vergleich zum Zellkern-Genom und deren gehäuftes Vorkommen in Zellen - typischerweise existieren mehrere hundert mtDNAs pro Zellkern-Genom - war diese Sequenzierung der erste logische Schritt auf dem Weg zur kompletten Sequenzierung des Neandertaler Genoms.
Die vorgestellten Sequenzierdaten wurden im Rahmen des Neandertaler Genom Projekts generiert. Das wichtigste Ziel des Projekts ist die Erstellung einer Genomsequenz, die als Referenzsequenz für die Erforschung der neueren menschlichen Evolution genutzt werden kann. Dafür identifiziert man die Regionen im Genom, in denen sich seit der Abspaltung vom Neandertaler Veränderungen etabliert haben, die zur Entwicklung des modernen Menschen geführt haben. Bei der Analyse wird die Referenzsequenz des Neandertalers mit der Genomsequenz von Menschen und Schimpansen verglichen. Ein deutliches Ergebnis der mtDNA Genomsequenzierung verifiziert diesen Ansatz: von den 13 in der mitochondrialen DNA kodierten Proteinen wurde ein Gen, die Untereinheit 2 der Zytochrom C Oxidase, identifiziert, das eine große Anzahl an Substitutionen von Aminosäuren seit der Abspaltung vom Neandertaler erfahren hat.
"Dieses spannende Ergebnis des Neandertaler Genom Projekts erlaubt uns einen Ausblick auf die verschiedensten Fragen hinsichtlich der menschlichen Evolution," freut sich Dr. Michael Egholm, Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung bei 454 Life Sciences. "Molekulare Anthropologie ist nur einer der vielen Bereiche, die durch 454 Sequencing - speziell durch die sehr genaue Leseweite, den einfachen Workflow und den ultrahohen Durchsatz - revolutioniert wurden." Das Projekt, das vor zwei Jahren ins Leben gerufen wurde, soll bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein.
"Leipzig und seine Forschung ist dabei, sich in der Welt der Genomik einen Ruf als Kompetenzzentrum zu erwerben. Wir werden für diese Region tun, was wir tun können, damit sie sich zum Nutzen der Wissenschaft weiterentwickelt," meint Dr. Manfred Baier, Geschäftsführer von Roche Applied Science.
454 Life Sciences, eine Tochterfirma von Roche, entwickeln und vermarktet das innovative Genome Sequencer(TM) System für die ultraschnelle Hochdurchsatz-DNA Sequenzierung. Spezielle Anwendungsfelder der Technik sind z.B. die de novo Sequenzierung und Resequenzierung von Genomen, Metagenomik, RNA-Analyse, und die gezielte Sequenzierung bestimmter DNA-Regionen. Das 454 Genome Sequencer System zeichnet sich durch eine einfache Probenvorbereitung und lange, präzise Leseweiten aus. Dadurch können umfangreiche wissenschaftliche Projekte im finanzierbaren Rahmen durchgeführt werden. In den letzten Monaten zeigte sich die enorm breite Einsetzbarkeit der Technik in so unterschiedlichen Bereichen wie der Krebsforschung, der Erforschung infektiöser Krankheiten, der Wirkstoffentwicklung, Meeresbiologie, Anthropologie, Paläontologie, etc.
Weitere Informationen zur Technologie finden Sie auf www.roche-applied-science.com/....