Ferdinand Lassalle tobte. Dieser verdammte Schulze! Im Winter 1862/63 stand die Gründung der Arbeiterpartei bevor. Mit zwei Punkten sollte sie antreten: demokratisches Wahlrecht und Produktionsgenossenschaften. Lassalle meinte Industriebetriebe in Arbeiterhand, finanziert durch Staatskredite. Ausgerechnet jetzt tingelte der Liberale Hermann Schulze-Delitzsch durch die Arbeiterbildungsvereine. Er predigte seinen „Arbeiterkatechismus“: Die Arbeiter sollten sich Kredit- und Konsum-Genossenschaften anschließen, die soziale Frage durch Selbsthilfe und Solidarhaftung lösen, das nötige Kapital ansparen. Ganz ohne Staat. „Haarsträubender Blödsinn! Hirsebrei!“, schimpfte Lassalle. „Gedankenloses Bimbamgeläute!“
Dieser Schulze wurde gefährlich. Gefährlicher sogar als der Überlinke Karl Marx in London. Schulze blökte sein Nein zu Subventionen in die Säle, die Arbeiter schrien Hurra! Schulze begriff nicht, dass Industriearbeiter anders waren als Handwerker und Krämer. Sie würden immer lohnabhängig bleiben, am Existenzminimum krebsen. Ein ehernes Gesetz. Da gab’s keine Spargroschen zu sammeln. Pumpvereine, Kleinbetriebsnetze und Gemeinschaftsläden? Lächerliche Antworten auf die Industriemoderne. Bürgerliche Selbstverantwortung hielt Lassalle für weltfremd bei Arbeitern. Sie brauchten straffe zentrale Führung. Lassalles Führung.
Im Februar 1863 kam Post aus Leipzig. Das Zentralkomitee der Sozialisten bereitete den Gründungsparteitag vor, bat um Programmideen und suchte einen Chef. Lassalle verfasste ein „Offenes Antwortschreiben“. Das 40-Seiten-Pamphlet erschien im März mit 12.000 Exemplaren: der Urknall des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), Vorläufer der SPD. ...
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Er erschien zuerst in politik&kommunikation | November 2011 http://www.politik-kommunikation.de/...