Glukuronide sind eine spezielle Art chemischer Verbindungen, die im menschlichen Körper gebildet werden und dort eine wichtige Funktion ausüben. Körperfremde Stoffe (wie beispielsweise die in Medikamenten enthaltenen Wirkstoffe) werden häufig in Glukuronide umgewandelt und in dieser Form ausgeschieden. Ohne diese Umwandlung könnten sich die Fremdstoffe ansonsten im Körper anreichern.
Glukuronide spielen somit zwar eine sehr wichtige Rolle für den menschlichen Körper, letztlich werden sie jedoch nur gebildet, damit der Körper sie ausscheiden kann. Warum ist dann eine Technologie erforderlich, um sie herzustellen? Um bei dem Wirkstoff-Beispiel zu bleiben: Ein neu entwickelter Wirkstoff muß sehr strenge Sicherheitsvorschriften erfüllen, bevor er von einem Pharmaunternehmen auf den Markt gebracht werden darf. In diesem Zusammenhang muß sichergestellt sein, daß sowohl der Wirkstoff selbst als auch die aus ihm gebildeten Abbauprodukte keine gesundheitliche Gefährdung hervorrufen können. Glukuronide sind eine Gruppe solcher Abbauprodukte und ihre Verfügbarkeit ist die Voraussetzung für ihre Sicherheitstestung.
Neben ihrer Bedeutung für die Entwicklung von neuen Medikamenten werden Glukuronide aber auch aus anderen Gründen gebraucht. Denn die Glukuronide, die im Körper aus den Fremdstoffen gebildet werden, unterscheiden sich chemisch voneinander. Vereinfacht dargestellt: Jeder Fremdstoff bildet sein eigenes Glukuronid. Welche Glukuronide ein Mensch ausscheidet hängt also davon ab, welche Fremdstoffe sich in seinem Körper befinden. Dieser Sachverhalt wird zum Nachweis der Einnahme von Dopingmitteln oder illegalen Drogen ausgenutzt. Um einen derartigen Nachweis gerichtsfest zu führen braucht man die entsprechenden Doping- oder Drogen-Glukuronide zum Vergleich in Reinform. Deshalb besteht seitens der Dopingtester und der Gerichtsmediziner ein hohes Interesse an solchen Glukuroniden. Ihre chemische Herstellung ist jedoch häufig schwer oder unmöglich, sodass man sich bisher mit Tierversuchen behelfen mußte.
Forschern der PomBioTech GmbH aus Saarbrücken und der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG aus Biberach an der Riß ist es jetzt gelungen, eine neuartiges biotechnologisches Verfahren zur Herstellung von Glukuroniden zu entwickeln. Dieses patentgeschützte Verfahren beruht auf der Verwendung von Spalthefen (eine Hefeart), welche gentechnisch so verändert wurden, dass sie dieselben Glukuronide produzieren können wie der menschliche Körper. Diese können dann einerseits von den forschenden Pharmaunternehmen eingesetzt werden und leisten somit einen wertvollen Beitrag für die Zulassung von neuen Medikamenten; andererseits dienen sie aber auch dazu, die Arbeit von Dopingtestern und Gerichtsmedizinern zu unterstützen. Und schließlich tragen die biotechnisch hergestellten Glukuronide dazu bei, Tierversuche einzusparen.