In der Europäischen Union gilt für alle Fluggäste die Fluggastverordnung Nr. 261/2004. Die Fluggastverordnung regelt die Ansprüche auf Ausgleichszahlung und Entschädigung von 250, 400 bzw. 600 EUR pro Person und die von der Airlines zu leistenden Unterstützungs- und Betreuungsleistungen (Verpflegungen, Mahlzeiten, Ersatzflug, Hotelkosten, Taxikosten, etc.). Häufig versuchen Fluggesellschaften, sich über vorgebliche Entlastungsgründe (wie z.B. technischer Defekt, Wetterverhältnisse, höhere Gewalt, etc.) von der Haftung zu befreien. Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr in einem Grundsatzurteil gegen die irische Fluggesellschaft Ryanair Ltd. entschieden, dass Unterstützungs- und Betreuungsleistungen gegenüber Fluggästen in jedem Fall der Annullierung und Verspätung erbracht werden müssen (Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 31.01.2013, Rs. C-12/11; Denise McDonagh v. Ryanair). Frau Donagh wollte am 17.04.2010 mit ihrem bei der Ryanair gebuchten Flug von Faro nach Dublin fliegen. Nachdem der Luftraum über Europa wegen der (Vulkan-) Aschewolke geschlossen worden war, konnte Frau Donagh erst eine Woche später am 24.04.2010 nach Dublin fliegen. Die Ryanair ließ sie während der gesamten Woche in Portugal alleine und leistete keinerlei Unterstützung. Frau Donagh machte daraufhin ihre verauslagten Kosten und Aufwendungen für Hotelkosten, Taxikosten und Mahlzeiten in Höhe von insgesamt EUR 1.129,41 bei der Ryanair geltend. Die Ryanair Ltd. lehnte den Ausgleich ab.
Die Luxemburger Richter des EuGH urteilten nun zu Gunsten von Frau Donagh und verurteilten die Ryanair zur Zahlung der Entschädigung und sämtlicher Kosten, obwohl ein Fall der "höheren Gewalt" vorlag. Der EuGH unterstrich, dass die Fluggastrechte im Falle einer Flugverspätung oder Flugannullierung "besonders wichtig" sind und von den Fluggesellschaften in Europa daher auch im Falle höherer Gewalt bzw. außergewöhnlicher Umstände gegenüber den Fluggästen erbracht werden müssen. Die Richter des EuGH sahen, dass dies durchaus empfindliche "wirtschaftliche Folgen" und "Kosten" für die Airlines bedeuten könne. Nach dem "Grundsatz des gerechten Interessenausgleichs" sind derartige Kosten jedoch nicht unverhältnismäßig und den Fluggesellschaften zumutbar. Airlines sind demnach verpflichtet, auch im Falle höherer Gewalt bzw. außergewöhnlicher Umstände Unterstützungs- und Betreuungsleistungen gegenüber Fluggästen zu erbringen.
Liegen zudem keine Entlastungsgründe vor, ist die Fluggesellschaft zusätzlich verpflichtet, eine Ausgleichszahlung zu leisten. Im Falle der Familie Kramer betrug die Ausgleichszahlung nach der Entfernung des Fluges zum Zielort EUR 400,00 pro Person. Die Airline musste der Familie Kramer wegen der mehr als dreistündigen Flugverspätung insgesamt 1.600,00 EUR leisten.
Die Fluggastrechte innerhalb der EU sind klar geregelt. Häufig lassen es Airlines jedoch auf einen Rechtsstreit ankommen und verweigern die Entschädigungszahlungen. Die Airlines spekulieren darauf, Fluggäste durch die Hinhalte- und Verzögerungstaktik zu zermürben und von der Anspruchsdurchsetzung abzubringen. Fluggästen ist zu raten, ihre geldwerten Ansprüche zu verfolgen und notwendigenfalls durch einem Rechtsanwalt für Fluggastrechte durchzusetzen. Weitere Informationen zum Thema Fluggastrechte und Reiserecht unter Rechtsanwalt Jan Bartholl.