"Oft wissen Menschen mit Demenz nicht, dass sie sich im Krankenhaus befinden oder eine Operation hinter sich haben. Die mit der Erkrankung verbundenen Orientierungsstörungen machen zudem unruhig", erklärt Gesine Marquardt. Die Gestaltung der Räume könne jedoch den Aufenthalt in der fremden Umgebung erleichtern. Mit interessanten Zielen wie einem Aquarium am Ende eines Flures lasse sich der Laufdrang lenken. "Verwinkelte Gänge erschweren das Zurechtfinden", so Marquardt. Hinweissysteme müssten sehr übersichtlich sein, mit kontrastreichen Farben gestaltet. Beschilderungen sollten auf altbekannte Begriffe zurückgreifen - wie Toilette statt WC. Ebenso seien vertraute Gegenstände, beispielsweise Fotos von Angehörigen, wichtig. Diese ließen sich auch im möblierten Krankenzimmer aufstellen. "In einem Informationsblatt der Krankenhausverwaltung könnten die Angehörigen gebeten werden, entsprechende Stücke mitzubringen." Solche Änderungen seien leicht umzusetzen und würden zudem wenig kosten.
Alltag aufrechterhalten durch vertraute Wohnkonzepte
"Alltägliches, wie sich selbst den Kaffee kochen oder die Brote schmieren, ist enorm wichtig für Menschen mit Demenz", betont Gesine Marquard. Häufig würden im Krankenhaus diese Alltagskompetenzen Stück für Stück und unwiederbringlich verloren gehen - und die Patienten könnten anschließend nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren. In einigen US-Krankenhäusern gebe es deshalb spezielle Küchen für demenzkranke Patienten, in denen sie üben, ihre Eigenständigkeit so weit es geht zu erhalten. Zudem würden die Betroffenen in interdisziplinären Stationen mit demenzfreundlicher Architektur zusammengefasst. "Da liegt dann der am Herzen Operierte neben dem mit der Hüft-OP. Das Pflegepersonal kann sich so effektiver auf Erhalt und Mobilisierung der kognitiven Ressourcen dieser demenzkranken Patienten konzentrieren", berichtet die Architektin Marquardt. In den Niederlanden wiederum gebe es Wohnzimmermodelle, die entsprechende Krankenhaus-Patienten in Tagesbetreuung aufnehmen. Im Workshop im Rahmen der Sonderschau Ideenwerkstatt RaumKonzepte werden Erfahrungen aus Einrichtungen im In- und Ausland zusammengetragen: "Dabei geht es nicht um Patentrezepte, sondern um die Diskussion verschiedener Möglichkeiten", betont Gesine Marquardt.
Neue Ideen für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen
Die Sonderschau Ideenwerkstatt RaumKonzepte auf der PFLEGE + HOMECARE LEIPZIG informiert über alters- und demenzgerechte Architektur und Inneneinrichtung sowie barrierefreies Bauen. Die Ausstellung präsentiert aktuelle Projekte von Architekturbüros sowie Studienarbeiten für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen - darunter Studienarbeiten zum Thema "Pflegeoase" und "Wachkomastation" der Fakultät Architektur der Technischen Universität Dresden. Zudem werden in einer Sonderausstellung der Gruppe "Architekten für Krankenhausbau und Gesundheitswesen" (AKG) im Bund Deutscher Architekten e.V. auch die Preisträger des diesjährigen Förderpreises gezeigt. Unter dem Motto "In Würde sterben" hatten zahlreiche Studierende, Absolventen und junge Architekten aus Deutschland und Österreich ihre Konzepte für den mit insgesamt 6.000 Euro dotierten Preis eingereicht. Am 2. September werden die Gewinner in Berlin ausgezeichnet, deren Projekte dann vom 27. bis 29. September in Leipzig zu sehen sind.
Information: Workshop demenzgerechtes Umfeld im Krankenhaus
Der interdisziplinäre Workshop "Die Patienten der Zukunft im Blick: Bauliche und organisatorische Aspekte der Behandlung von Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus" diskutiert die Anforderungen des demografischen Wandels an Bau- und Organisationsstruktur von Akutkrankenhäusern. Der Ideenworkshop richtet sich an Vertreter von Kliniken und Pflegeeinrichtungen, ebenso wie an Architekten, Fachplaner und Studierende.
Termin: 27. September 2011, 14.30 bis 18.00 Uhr
Leitung: Dr.-Ing. Gesine Marquardt
Der Eintritt ist frei, nur Messeeintrittskarte erforderlich. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Eine Voranmeldung unter info (at) pflege-homecare.de wird daher empfohlen.
Hintergrund: PFLEGE + HOMECARE LEIPZIG 2011
Die Fachmesse ist die einzige Fachveranstaltung in Deutschland, die alle Kernbereiche der professionellen Pflege, Betreuung und Homecare-Versorgung gleichwertig anspricht. Mit der Kombination aus Fachmesse und Kongress bietet die PFLEGE + HOMECARE LEIPZIG für Management und Fachpersonal den wichtigsten Branchentreff im Herbst. Der begleitende Kongress gehört zu den größten Fortbildungsveranstaltungen des Gesundheitswesens in Deutschland. 2.100 Kongressteilnehmer nutzten 2009 das Angebot von mehr als 100 Veranstaltungen mit 250 Referenten. 311 Produktanbieter, Dienstleister sowie Verbände und Institute präsentierten sich in der Fachausstellung.