Das DIN - wie viele andere Normungsorganisationen in Europa – trägt sich zu rund 60 % aus den Erlösen aus dem Normenverkauf. Eine so einschneidende Veränderung in der Kosten- und Erlössituation würde bedeuten, dass das DIN sein Arbeitsprogramm und den übernationalen Einsatz entsprechend kürzen müsste. Da das DIN gegenwärtig ein Drittel des Projektmanagements in der Normung auf europäischer Ebene verantworte, würde dieser erzwungene Rückzug die Position der europäischen - und selbstverständlich auch der deutschen Wirtschaft - in der Normung zu einem Zeitpunkt schwächen, wo Europa in einem zunehmend starken Wettbewerb mit anderen Regionen stehe.
Normung sei eine komplexe Aufgabe, die nicht kostenfrei sein könne, so Bahke. Ob man sie über die öffentliche Hand finanziere, durch Erlöse aus normbasierter Zertifizierung oder durch höhere Mitgliedsgebühren – die Kosten müssen aufgebracht werden, und jedes dieser Geschäftsmodelle habe Auswirkungen, die das bestehende System einer gelungenen Public-Private-Partnership von Grund auf ändern würden. „Normen kostenlos bereitzustellen mag unter dem Druck von Lobbyisten als einfachste und dazu plakativ darstellbare Lösung erscheinen, aber das Problem der KMU sind nicht in erster Linie die Kosten der Normen“, sagte Bahke. Im Verhältnis zum Nutzen für den Anwender seien die Kosten für die Beschaffung der Normen eher als gering einzuschätzen. Dies gelte auch für den Mittelstand und die Handwerksbetriebe. Ein mittelständisches Unternehmen wende im Durchschnitt für die Normenbeschaffung etwa 1.500 Euro pro Jahr auf, ein typischer Handwerksbetrieb jährlich rund 250 Euro.
Die Probleme der KMU liegen nach Meinung des DIN-Direktors vielmehr im Bereich der Normenanwendung und der Teilnahme am Normungsprozess. Zur Lösung dieser Probleme sollen gemeinsam mit den europäischen Normungsorganisation und mit der Kommission neue Konzepte entwickelt werden. Wenn es um die Vermittlung von Wissen über Normen und Normung geht, sind auf jeden Fall auch die Verbände gefordert. DIN-Präsident Dietmar Harting bekräftigte in seinem Resümee der Ergebnisse der Anfang April veranstalteten Mittelstandskonferenz „Erfolgsfaktor Normung“, dass „die Rolle der Wirtschaftsverbände in der Normung gestärkt werden muss, denn gerade die Verbände sind ein wichtiger Vermittler zur Verbreitung von Informationen über Normen, zur Aufbereitung von Inhalten und zur Abstimmung von Positionen.“