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Computer im Kindergarten: "Wir müssen draußen bleiben?"

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer und Prof. Dr. Stefan Aufenanger im Interview

(PresseBox) (Hannover, )
Es ist eine geteilte Welt: morgens der Kindergarten mit Spielzeug und Bewegungsspielen, nachmittags die Medienwelt mit Fernseher, Computer und Konsole. Wäre aber gerade der Kindergarten nicht der geeignete Ort, um diese beiden Welten zusammenzuführen? Oder sollten Kindergärten computerfreie Zonen bleiben? Das wollten wir vom Ulmer Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer und vom Mainzer Medienpädagogen Prof. Dr. Stefan Aufenanger wissen.

Zu Hause ist für die meisten Kindergartenkinder die Welt auch eine Medienwelt – mit Fernseher, Computer und Konsole. Wie kann der Kindergarten darauf reagieren?

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer: Fernseher, Computer und Konsole gehören nicht in den Kindergarten. Genauso wenig gehören sie ins Kinderzimmer. Wenn man sie dort findet, ist das schon schlimm genug. Der Kindergarten sollte überhaupt nicht darauf reagieren, sondern den Kindern aufzeigen, dass es Alternativen zur virtuellen Realität gibt, nämlich die reale Realität. Die kann man anfassen, riechen und schmecken, die ist widerständig und räumlich dreidimensional. Sie ist im Grunde genommen viel interessanter als der schwache Abklatsch, den Bildschirme und Lautsprecher liefern können. Dies sollen Kinder im Kindergarten erfahren und sie sollten es eigentlich auch zu Hause erfahren.

Prof. Dr. Stefan Aufenanger: Wenn der Kindergarten einen situationsorientierten Ansatz vertritt, der auf die Lebenswelt der Kinder Bezug nimmt, dann sollte auch dort die Medienthematik aufgegriffen werden. Dies kann so aussehen, dass Kinder mit Medien gestalten – z. B. mit einer Digitalkamera Fotos machen und diese am Computer bearbeiten , oder dass sie zum kompetenten Umgang mit Medien, insbesondere dem Computer, pädagogisch angeleitet werden.

Macht der frühe und angeleitete Umgang mit den Neuen Medien – etwa in Kindergarten und Grundschule – die Kinder kompetenter und kritischer im Umgang mit Medien oder schadet diese frühe Mediennutzung?

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer: Es gibt keine einzige Studie, die belegt, dass Kinder, die früh Medien konsumieren hierdurch kompetenter werden. Das Gegenteil ist der Fall: Sie werden gleichsam „angefixt“, wie dies bei frühem Drogenkonsum auch der Fall ist und dadurch umso empfänglicher für spätere Sucht. Die beste Medienkompetenz hat derjenige, der in Kindergarten, Grundschule und vielleicht sogar auch in der Sekundarstufe 1 die Medien überhaupt nicht nutzt, sondern vielmehr eine solide Grundbildung erhält: ein oder zwei Instrumente spielt, sich körperlich fit hält, z. B. im Sportverein und soziale Kontakte hat. Bildschirmmedien, dies ist nachgewiesen, stören diese gesunde Entwicklung von Kindern. Sie machen dick, dumm und gewalttätig (hierzu gibt es jeweils Studien, die man nicht sinnvoll anzweifeln kann). Wer anderes behauptet, der hat die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die wir zur Mediennutzung durch Kinder haben, nicht zur Kenntnis genommen.

Prof. Dr. Stefan Aufenanger: Internationale Studien zeigen, dass der frühe Umgang mit dem Computer im Kindergarten keinen negativen Effekte zeigt, man sollte sich aber auch nicht zu viel davon versprechen, d. h., dass die Lerneffekte auch nicht besonders groß sind.

Wie können Erwachsene – Erzieherinnen und Eltern – die Mediennutzung der Kinder im Vorschulalter begleiten oder steuern?

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer: Erwachsene sollen die Mediennutzung im Kindergarten nicht begleiten. Sie sollen dafür sorgen, dass keine Medien genutzt werden! Noch einmal: Das Gerede von sinnvoller Begleitung und Kompetenzentwicklung etc. entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Demgegenüber wissen wir, dass gerade der frühzeitige Medienkonsum zu Aufmerksamkeitsstörungen und Sprachentwicklungsstörungen sowie Intelligenzminderung und vermehrter Aggressivität beiträgt. Diese Daten sind gesichert. Die Erwachsenen können ihren eigenen Medienkonsum deutlich einschränken, um damit nicht dem Kind als Vorbild zu dienen. Das ist der größte Beitrag, den sie leisten können.

Prof. Dr. Stefan Aufenanger: Zwei Dinge erscheinen mir bei der Mediennutzung von jungen Kindern wichtig: dem Medienkonsum Grenzen setzen, also festlegen, wie lange ferngesehen oder am Computer gespielt werden darf, und Unterstützung bei der Mediennutzung durch Erwachsene, also dabei sein, jedenfalls anfangs, und die Kinder nicht vollkommen alleine lassen. So haben Eltern auch die Möglichkeit, Gespräche über Medien zu führen und sie lernen das kennen, was die Kinder an und in den Medien lieben.

Neue Medien in Schulen sind inzwischen in allen vergleichbaren Industrieländern die Norm, auch wenn sie unterschiedlich intensiv genutzt werden. Wie lange können Kindergärten überhaupt noch computerfreie Zonen bleiben?

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer: Keine einzige Studie hat bislang belegt, dass durch die Mediennutzung in den Schulen Bildungsprozesse insgesamt gebessert werden. Wir haben jedoch eine Reihe von Studien, die zeigen, dass, wenn beispielsweise ein Zwölfjähriger zusätzlich einen Computer hat, seine Leistungen in der Schule abnehmen. Ihre Frage setzt voraus, dass es eine unaufhaltsame Tatsache sei, dass die Medien einen breiten Lebensraum selbst der kleinsten Kinder einnehmen. Dieser Propaganda sollten wir uns mutig und beherzt entgegenstellen, denn es geht hier um unsere Kinder, deren Gehirne durch die Medien nicht zugemüllt werden dürfen. Genau dies geschieht derzeit jedoch flächendeckend. Das Beste, was Erwachsene im Hinblick auf den Medienkonsum von Kindern tun können, ist, die Dosis soweit wie möglich zu reduzieren. Alles andere ist dummes Gerede!

Prof. Dr. Stefan Aufenanger: Viele Kindergärten haben inzwischen Computer angeschafft und integrieren sie auch in ihre pädagogische Arbeit. Ich sehe es nicht als zwingend an, dass Kindergärten mit Computern ausgestattet werden. Dies sollte vom Engagement der Erzieherinnen und ihren pädagogischen Konzepten abhängig sein.
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