Eigentlich wollte ich es ja schon immer sagen - aber jetzt ist ein weiterer Fall aufgetreten, der mir ausreichend Anlass gab: als Personalberater habe ich in den letzten 7 Jahren über 3.000 Gespräche mit Bewerbern geführt und freue mich immer, wenn interessante Unterhaltungen zustande kommen. Auch wenn sich in den Jahren viel geändert hat, ist eines geblieben: die spezielle Situation, die ein Bewerbungsgespräch darstellt, fördert Füllwörter zu Tage, die mehr über den Benutzer aussagen, als ihm womöglich lieb ist. Erstaunlicherweise kommt es dabei nur wenig darauf an, ob es sich bei dem Kandidaten um eine gestandene Führungskraft oder um einen Absolventen handelt. Geben Sie also gut acht!
Spitzenreiter „eigentlich“
Spitzenreiter der am häufigsten verwendeten Füllwörter ist der Begriff „eigentlich“. „Seit 4 Jahren arbeite ich im Unternehmen und bin eigentlich ein guter Teamleiter“, antwortete mir der letzte Bewerber auf die Frage nach seinem Wechselwunsch. Er wollte mir damit sagen, dass ein Wechsel zeitlich angebracht sei und er gute Führungsqualitäten mitbringe. Er verwendete das Wort als Synonym für die umgangssprachliche Formulierung „im Grunde genommen“. Schlecht beim Aussprechen des Wortes „eigentlich“ ist, dass es unbewusst vermittelt, welche Haltung der Bewerber zu seiner Aussage einnimmt. „Eigentlich“ wirkt eingrenzend, subjektivierend, unsicher und schwächt den Wert der Aussage ab. Bei mir öffnet das Füllwort automatisch drei Fragen:
Ist der Bewerber in Wirklichkeit ein guter Mitarbeiter und will mit Understatement punkten? Ist er von seinen Qualitäten selbst nicht überzeugt? Oder hält ihm sein Vorgesetzter vor, nicht ausreichend qualifiziert zu sein?
Als ich es genau wissen wollte, antwortete der Bewerber: „Wieso? Ich habe doch gesagt, dass ich gut bin“ und war verwundert, als ich ihn auf sein „eigentlich“ aufmerksam machte. „Eigentlich ist mir das noch gar nicht aufgefallen“, schmunzelte er daraufhin und ergänzt sofort: „Man sagt ja schon mal seltsame Sachen. Uups, jetzt habe ich es schon wieder benutzt.“
Man macht ja mal Fehler
Einerseits habe ich mich über die Einsicht des Bewerbers gefreut. Anderseits hatte ich beim nächsten Füllwort schwer zu schlucken: „man“ ist das zweite weit verbreitete Unwort in Bewerbungsgesprächen. Es wirkt beinahe noch zersetzender, da es – falsch verwendet – unbewusste Einblicke in die Persönlichkeit gibt. Sie kennen die Formulierungen: „Man macht ja mal Fehler“, „Man wusste damals noch zu wenig über die Problematik“. Was halten Sie von diesen Bemerkungen? Mir signalisieren sie Schwäche, fehlende Verantwortung bzw. das Unvermögen eine eigene Haltung einzunehmen.
Urteile ich zu hart? Ich glaube nicht. Im Bewerbungsgespräch ist es wichtig, Fehler und Schwächen eingestehen und zugeben zu können. Niemand ist perfekt. Die Übernahme von Verantwortung wiederum setzt voraus, dass die Fehler dem Bewerber bekannt sind und er sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist. Insbesondere Führungskräfte oder angehende Führungskräfte sollten sich durch solches Bewusstsein und den offenen Umgang mit Schwächen auszeichnen. Die geeignete Sprache hierfür ist die persönliche Ich-Form.
Weitere Füllwörter, die ich in Bewerbungsgesprächen häufig höre, und welche Assoziationen sie bei Recruitern auslösen:
- „allem Anschein nach“, „womöglich“, „irgendwie“, „halt“, vielleicht“, weitere Konjunktivformen: Der Bewerber vermeidet eine klare Aussage oder exaktes Wissen scheint nicht vorhanden zu sein. Das Füllwort dient als Schutz vor möglichen Einwänden. Besser ist es, sich klar zu äußern und Mutmaßungen wegzulassen.
- „hmm“, „äh“ „also“, „nun“: Als Einstieg in einen Haupt- oder Nebensatz füllen diese Wörter häufig Pausen bis zur Artikulation eines klaren Gedankens. Sie erwecken den Anschein von Unsicherheit, Schwierigkeiten bei der klaren Artikulation oder beim Schnelldenken. Diese Füllwörter lassen sich durch Diskussionstraining und gute Gesprächskonzentration deutlich reduzieren.
- „wirklich“, „sowieso“: Bestärkende Füllwörter erfüllen ihren Zweck nicht. Die Verstärkung lässt vermuten, dass die Aussage nicht so zutrifft, wie erwünscht.
Der Autor: Diplom-Ingenieur (FH) Christof Wirtz ist Geschäftsstellenleiter Nordrhein-Westfalen der Vesterling Personalberatung (Profil: https://www.vesterling.com/... )