Kartellabsprachen führen zu erheblichen volkswirtschaftlichen Schäden. Dabei gehört die öffentliche Hand immer wieder und immer häufiger zu den Opfern von Kartellabsprachen, v.a. wegen ihrer umfassenden Beschaffungstätigkeit. Hier sind die unterschiedlichsten Bereiche betroffen und von den deutschen und europäischen Kartellbehörden bebußt worden, z.B. Aufzüge und Fahrtreppen, Fensterbeschläge, Auftausalz, Feuerwehrfahr-zeuge und –drehleitern, Schienen für den ÖPNV und Bergbauspezialarbeiten.
Geschädigte setzen dabei zunehmend ihre Schadensersatzansprüche durch, wobei ihnen die aktuelle Entwicklung von Rechtsprechung und Rechtsetzung hilft. Bei öffentlichen Unternehmen gehören die Prüfung der eigenen Betroffenheit und die Durchsetzung realistischer Ansprüche zu-dem zum Pflichtenkatalog. Häufig sind Beschaffungen auch gefördert und der Fördermittelgeber, insoweit mit im Boot der Kartellgeschädigten, macht Rückforderungsansprüche geltend. Schließlich stellt sich für künftige Vergabeverfahren die Frage, wie mit den entdeckten und bebußten Kartellunternehmen umzugehen ist.
Das Praxisseminar vermittelt die rechtlichen und strategischen Grundlagen. Es zeigt die Chancen und Risiken der Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche und die Verbindungen zum Vergabeverfahren auf. Ganz aktuell werden die in 2016 stattfindende 9. Novelle des Kartellrechts (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) sowie aktuelle Rechtsprechung erläutert.
Das Seminar richtet sich an die Leitungsebene, insbesondere die rechtlich und wirtschaftlich verantwortlichen Mitarbeiter, öffentlicher Unternehmen sowie die Mitglieder der Aufsichts- und Kontrollgremien. Kartellrechtliches Vorwissen wird nicht vorausgesetzt.
Seminarablauf
Begrüßung und Einführung in das Thema
- Aktualität:
- öffentliche Hand zunehmend betroffen von Kartellabsprachen bei Vergabeverfahren und darüber hinaus;
- Rechtsentwicklung, vor allem Europäische Richtlinie zum kartellrechtlichen Schadensersatz, 9. GWB-Novelle
- Aktuelle Beispiele der Schadenskompensation für Kommunen (Schienenkartell/ Feuerwehrkartell)
- Relevanz:
- Vermögensbetreuungspflicht und gesellschaftsrechtliche Pflichten kommunaler Mandatsträger und Gesellschafter
- Rückforderungen durch Zuwendungsgeber bei öffentlicher Förderung
- Vergaberechtliche Implikationen
- Europäische Richtlinie zum kartellrechtlichen Schadensersatz:
- Entstehungsgeschichte, Inhalt und Ziel
- Umsetzungsbedarf in Deutschland
- Umsetzung durch 9. GWB-Novelle
- Aktuelle Rechtsprechung zu Gunsten Kartellgeschädigter
- Zulässigkeit von schadenspauschalierenden Klauseln
- Darlegungs- und Beweislast bei der Schadenshöhe
- Akteneinsicht bei Behörden und durch Gerichte
- Nachweis des Kartellrechtsverstoßes (follow-on-Klagen; § 33 Abs. 5 GWB
- Nachweis der konkreten Betroffenheit
- Bestimmung der Anspruchshöhe
- Anspruchsberechtigung auch in mittelbaren Konstellationen
- Akteneinsicht zur Anspruchsbegründung
- Verjährungshemmende Maßnahmen
- Dokumentation der Beschaffungsvorgänge
- Informationssammlung, vor allem Akteneinsicht
- Bildung von Geschädigtengemeinschaften
- Ablauf von außergerichtlichen Vergleichsgesprächen
- Risiken und Kosten von Gerichtsverfahren
- Kartellrechtliche Anforderungen an die Vergabestelle
- Umgang mit Kartell- und Submissionsabsprachen während und nach einem Vergabeverfahren
Anna Lesinska, geboren 1982 in Poznań, Polen, studierte Rechtswissenschaften an der Humboldt Universität zu Berlin und an der Université Panthéon-Assas in Paris (Licence und Maîtrise). Ihr Referendariat absolvierte sie am Kammergericht in Berlin mit Stationen u. a. im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen in Brüssel. Seit 2012 ist Frau Lesinska Rechtsanwältin bei Becker Büttner Held in Berlin.
Termin und Ort
Ort: Becker Büttner Held
Rechtsanwälte · Wirtschaftsprüfer · Steuerberater | PartGmbB
Magazinstraße 15-16
10179 Berlin
Zeitraum: 22.06.2016 10:00 Uhr - 22.06.2016 16:30 Uhr
Preis
450,- Euro zzgl. MwSt.