Heute weiß Naujoks: "In den vergangenen Jahren fielen die Abschlüsse für die Chemieunternehmen zu hoch aus. Es war ein Fehler, wiederholt auf Zukunftsprognosen zu setzen und den tarifpolitischen Grundsatz außer Acht zu lassen." Gerade die Ostchemie ist hierdurch besonders belastet gewesen, da der Verteilungsraum insbesondere wegen rückäufiger Produktivitätsentwicklung deutlich geringer war . Zudem sind die Löhne und Zusatzleistungen der Ostchemie stärker gestiegen als in anderen Tarifgebieten.
Eine Umkehr bei der Produktivitätsentwicklung ist nicht absehbar. Die Investitionen in Ostdeutschland sind seit Jahren rückläufig, viel Geld fließt jetzt ins Ausland. Für die Zukunft des Standortes ist dies ein schlechtes Zeichen, denn andernorts entstehen wettbewerbsfähigere Chemieanlagen, die unter günstigeren Rahmenbedingungen produzieren. "Krisen in Europa gemeinsam mit zunehmender Konkurrenz sind eine gefährliche Mischung," findet Naujoks.
Ein ganz wesentlicher Teil der Herausforderung im Osten ist, dass die Folgen der demographischen Entwicklung die Unternehmen schon jetzt härter treffen, als den Rest der Republik. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die Rente mit 63. Als unmittelbare Folge müssen die Unternehmen sich immer intensiver um das Personal kümmern. Bis 2030 fehlen im Osten bis zu 30% der Erwerbspersonen.
Deshalb sind die Chemie-Arbeitgeber überzeugt, dass es in der ostdeutschen Tarifpolitik unkonventionelle und intelligente Lösungen braucht, um die spezifischen Herausforderungen der Demographie in den neuen Bundesländern zu meistern und eine Trendwende bei der Produktivitätsentwicklung herbeizuführen.
Die Tarifgespräche werden am 24. Februar 2015 in Kassel auf Bundesebene fortgesetzt.